Kolumne von Alexander Mayer

Bitcoin bald eine Million Dollar? Die Fed hat den Grundstein schon gelegt

decentralist.de · Uhr (aktualisiert: Uhr)
Quelle: AlyoshinE/Shutterstock.com

Die US-Wirtschaft zeigt sich trotz der historisch schnellen Zinserhöhungsphase der US-Notenbank weiterhin erstaunlich robust. Gleichzeitig verharrt die Inflation hartnäckig über dem gewünschten Ziel von zwei Prozent. Angesichts dieser Situation ist es für die Fed schwer vermittelbar, die Zinsen allzu bald deutlich zu senken.

Auf der anderen Seite machen es zwei Problemherde wohl bald notwendig, die Zinsen drastisch zu senken: die riesigen Löcher in den Balancesheets des US-Bankensektors – hervorgerufen durch die Buchverluste der Staatsanleihen aufgrund des gestiegenen Zinses – und der Schuldenhunger der US-Regierung, die in den nächsten Monaten mehrere Billionen Dollar an Schulden refinanzieren muss.

Egal wie, doch geldpolitische Interventionen müssen kommen

Letzten Endes wird es zweitrangig sein, wie es vonstattengeht, doch sowohl der Banken-Sektor als auch die US-Regierung brauchen einen kontinuierlichen Strom an Liquidität, um nicht in ernsthafte Schwierigkeiten zu geraten. Den Banken hilft entweder ein deutlich niedrigerer Zinssatz, um die Buchverluste durch die Staatsanleihen in der Bilanz wieder auszugleichen oder eine neue Einnahmequelle, um auch im Fall von extremen Marktbedingungen (wie zuletzt im März 2023 während der Regionalbankenkrise) genug Liquidität zu haben. Der US-Regierung hilft ebenfalls entweder ein deutlich niedrigerer Zinssatz, damit die Refinanzierung wieder einfacher wird, oder eine sichere Abnahmequelle für ihre Staatsanleihen, egal unter welchen Bedingungen.

Die beiden „Problemkinder“ könnten sich dabei gegenseitig helfen. Banken sind ohnehin der mit Abstand größte Abnehmer von US-Staatsanleihen. Im Zuge der Auktionen durch das US-Finanzministerium werden neu ausgegebene Staatsanleihen zunächst an sogenannte „Primary Dealers“ verkauft – dabei handelt es sich größtenteils um die ganz großen Bankhäuser JPMorgan, Goldman Sachs und Co.. Diese bieten die Staatsanleihen dann auf dem Sekundärmarkt an und dort werden sie von allen Marktteilnehmern gekauft, die sie haben möchten. Das sind ausländische Investoren, Pensionsfonds, aber vor allem Geschäftsbanken. US-Staatsanleihen gelten als sicherste Anlageklasse und dienen als passende Instrumente für die strengen Regularien, die Banken bei der Aufnahme von Vermögenswerte in ihre Bilanz beachten müssen.

Werden die Geschäftsbanken zum neuen geldpolitischen Instrument der Federal Reserve?

Es wird oft davon geredet, dass die Federal Reserve in Krisenzeiten „Geld druckt“, um die Finanzmärkte aufzufangen. In der Realität ist es etwas komplexer. Sie nimmt Anleihen in ihre Bilanz auf und tauscht sie im Zuge dessen gegen Liquidität ein. Die eigentliche Gelderzeugung geschieht durch die Geschäftsbanken, wenn sie neue Kredite ausgeben. Bisher verlief der Pfad der Geldmengenausweitung über die Fed so, dass Banken der Regierung Staatsanleihen abgekauft haben und die Fed im Krisenszenario den Banken die Anleihen im Tausch gegen Liquidität abgenommen hat. Diese Liquidität wurde dann wiederum (zum Teil) in Staatsanleihen gesteckt. 

Geschäftsbanken könnten daher theoretisch beliebig viele Staatsanleihen aufkaufen und sich dadurch einen kontinuierlichen Kapitalstrom über die Zinsausschüttungen generieren. Das einzige Limit wären in diesem Fall die grundsätzlichen Bankreserven, die von der Zentralbank vorgegeben werden – diese können jedoch von der Zentralbank ebenso beliebig gesetzt werden, da der Dollar durch nichts gedeckt werden muss. Sollte es zu Liquiditätsengpässen kommen, weil zu viele Kunden ihr Geld bei den Geschäftsbanken abheben möchten, dann haben die Banken die Möglichkeit, die Anleihen bei der Federal Reserve temporär gegen Liquidität einzutauschen – beispielsweise über das sogenannte „Discount Window“, einem geldpolitischen Instrument der Fed, mit dem im Krisenfall genügend Liquidität gewährleistet werden kann. 

Diese Regel könnte der entscheidende Dominostein für die nächste Runde Gelddrucken werden

Es gibt jedoch noch eine andere Limitierung, die Geschäftsbanken daran hindert, unlimitiert in Staatsanleihen zu investieren – die Supplementary Leverage Ratio (SLR). Das ist eine regulatorische Anforderung, die nach der Finanzkrise 2008 eingeführt wurde, um sicherzustellen, dass Banken über ausreichend Kapital verfügen, um mögliche Verluste zu decken. Sie ist ein Teil der Basel-III-Regulierungen, die von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) festgelegt wurden.

Die SLR ist ein einfaches Verhältnis, das das Eigenkapital einer Bank zu ihrer Gesamtverschuldung in Beziehung setzt. Hierbei wird nicht zwischen risikoreichen und risikoarmen Vermögenswerten unterschieden. Im Kern misst die SLR das Kernkapital einer Bank im Verhältnis zu ihrer gesamten Leverage (genauer: den Vermögenswerten in der Bilanz, die mit Kundengeldern erworben wurden – zu einem großen Teil eben Staatsanleihen).

Bereits seit Sommer 2023 gibt es Diskussionen in den USA, dass der Anteil des Eigenkapitals für US-Banken sogar erhöht werden soll, damit ein Szenario wie die Regionalbankenkrise im März 2023 nicht wieder vorkommt. Der Banken-Sektor lobbyiert seitdem jedoch vehement dagegen und hat zuletzt einen Vorstoß gemacht, dass Staatsanleihen aus der Rechnung der SLR komplett herausgenommen werden sollten.

Staatsanleihen würden dann nicht mehr in die SLR fallen und das Verhältnis zwischen Eigenkapital und Gesamtverschuldung in der Bilanz der Banken nicht mehr beeinflussen. Damit wäre der Weg für die Geschäftsbanken frei, theoretisch unbegrenzt in Staatsanleihen zu investieren. Für die US-Regierung wäre das ein sehr vorteilhaftes Szenario, da die Finanzierung dann über die Geschäftsbanken sichergestellt werden könnte.

Banken hätten dadurch ebenfalls erhebliche Vorteile. Sie würden stabile Erträge aus den Zinszahlungen der Staatsanleihen generieren, besonders in Zeiten, in denen andere Anlageformen als riskanter oder weniger rentabel angesehen werden. Das derzeitige Zinsniveau wirft attraktive Renditen deutlich oberhalb der (offiziellen) Inflationszahlen ab. Zudem gelten Staatsanleihen als hochliquide Vermögenswerte. Wenn Banken mehr davon halten könnten, würde dies ihre Fähigkeit verbessern, auf Liquiditätsbedürfnisse schnell zu reagieren, indem sie diese Anleihen im Bedarfsfall leicht veräußern oder als Sicherheiten für kurzfristige Finanzierungen nutzen. Hier würde die Fed als letztes Puzzleteil hinzukommen und den Banken über Instrumente wie das Discount Window oder das (derzeit zwar geschlossene aber theoretisch jederzeit wieder startklare) Bank Term Funding Program gesichert Liquidität zur Verfügung stellen.

Warum wäre dieses Szenario bullisch für Bitcoin?

Auf den ersten Blick klingt das nach einer eleganten Lösung für den Bankensektor und die Regierung. Doch langfristig hätte dieses neue Finanzierungskonstrukt natürlich einen unglaublich hohen Preis für die Gesamtgesellschaft – denn dabei würde es sich letzten Endes nur um eine neue, indirekte Form des Gelddruckens handeln.

Es würde die Inflation langfristig weiter massiv antreiben und vor allem Asset-Preise weiter in die Höhe treiben, da der zugrundeliegende Messwert – die Geldeinheit – weiter verzerrt werden würde. Bitcoin dürfte diese neue Welle an Geldmengenausweitung wie ein Schwamm in sich aufsaugen, genauso wie es bereits in der Vergangenheit der Fall war, da ein immer größeres Bedürfnis für viele Marktteilnehmer besteht, sich gegen diese Dynamiken mit einem unabhängigen Wertspeicher abzusichern. Die immer drastischere Dynamik hinter dieser Geldmengenausweitung dürfte auch die Preisentwicklung von Bitcoin umso drastischer antreiben. 

Letzten Endes wäre ein parabolischer Bitcoin-Kurs nur ein Symbol für eine einsetzende Hyperinflationierung des US-Dollars als Messwert für Güter, Dienstleistungen und Vermögenswerte.

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