Anleihen: Renditen spanischer Anleihen auf Rekordtief

BÖRSE FRANKFURT · Uhr

Marktbericht vom Rentenhandel

Mit den andauernden Krisen in Israel und der Ukraine stehen deutsche und französische, aber auch spanische und italienische Staatsanleihen im Anlegerfokus. Portugiesische Werte haben das Nachsehen.

25. Juli 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Zuspitzung der Lage in der Ukraine und die Eskalation der Gewalt in Israel lässt Anleger laut Händler verstärkt die als sicher geltenden Häfen ansteuern. "Deutsche Staatsanleihen und Bonds aus den USA und Frankreich waren zum Wochenbeginn gefragt", meldet Arne Hellwig von der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Der richtungsweisende Euro-Bund-Future rückte im Wochenverlauf dennoch von seinem Rekordhoch wieder etwas ab und notiert am Freitagmittag knapp über 148 Prozent. "Kursverluste gibt es für viele russische Anleihen", meldet Arthur Brunner von ICF Kursmakler. Durch die Bank kämen etwa Gazprom-Bonds (WKNs A1HTD5, A1HHG3) weiterhin aus den Depots raus.

Spanische Anleihen auf Erholungskurs

Bonds der Euro-Peripherie sind gefragt, wie Hellwig beobachtet. Mit knapp 2,53 Prozent markierte etwa die Rendite 10-jähriger spanischer Staatsanleihen ein neues historisches Tief. "In Spanien scheint das Tal der Tränen durchschritten", ergänzt Brunner. In der viertgrößten Volkswirtschaft im Euroraum gehe es mit der Arbeitslosigkeit runter. Insbesondere die Tourismusbranche boome. Angesichts der günstigen Refinanzierungsbedingungen denke Spanien sogar über die Emission einer 50-jährigen Anleihe nach.

Allerdings mehren sich nach Auffassung von Sintje Boie die Abwärtsrisiken für die Konjunkturerholung im gesamten Euroraum. "Die Stimmungsindikatoren haben ihren Zenit überstiegen und harte Fakten, wie zum Beispiel die Industrieproduktion, senden Schwächesignale", meint die Analystin der HSH Nordbank.

Espírito Santo-Pleite macht sich bemerkbar

Die Insolvenzanträge von Espírito Santo International und der zur Gruppe gehörenden Rio Forte Investment hinterlassen ihre Spuren. Obwohl Portugals bedeutendste Privatbank nach wie vor versichert, über ausreichende Rücklagen zum Auffang eventueller Kreditausfälle zu verfügen, schwächelten portugiesische Staatsanleihen, wie Klaus Stopp von der Baader Bank beobachtet.

Ein fünfjähriger Bond (WKN A0T7AG) mit Fälligkeit im Juni 2019 und aktuell rund 2,38 Prozent Rendite hat seit Anfang Juni von 112,25 Prozent auf 111,05 Prozent nachgegeben. "Ähnlich verhält es sich im zehnjährigen Bereich." Nach einem Stand von 118,89 Prozent am 12. Juni rutschte eine bis Februar 2024 laufende Staatsanleihe (WKN A1HKUP) bis auf 115,09 Prozent. Anleihen der Portugal Telecom spürten ebenfalls den Druck. Eine fünfjährige Anleihe (WKN A1APFE) mit einer Laufzeit bis November 2019 gab von 113,21 Prozent Ende Juni auf derzeit 106,18 Prozent nach. Ob die Pleite in Portugal einen Domino-Effekt auslösen wird, hängt nach Auffassung von Stopp von der Kapitalkraft der Espírito Santo ab. "Mit Goldman Sachs und dem Hedgefonds D.E. Shaw sind nun zwei US-Institute bei der Großbank in die Bresche gesprungen und haben Anteile von 2,3 Prozent bzw. 2,7 Prozent gekauft."

Schuldenberg wächst

Die Niedrigstzinsen verleiten Staaten und Unternehmen nach Ansicht von Cyrus de la Rubia von der HSH Nordbank dazu Schulden tendenziell auf- statt abzubauen. Anleger sollten dabei im Auge behalten, dass kapitalhungrige Konzerne im Gegensatz zu in Not geratenen Eurostaaten keine Überlebensgarantie vonseiten der Politik und Notenbank bekämen.

"Der durchschnittliche Schuldenberg der Euroländer hat in den ersten drei Monaten des Jahres mit 93,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts eine neue Rekordhöhe erreicht", bestätigt Klaus Stopp von der Baader Band. Im Vorquartal stünden noch 92,7 Prozent zu Buche. Griechenland führe mit 174 Prozent die Schuldenliste an. Unter Berücksichtigung von Schuldenschnitten und Zinsgeschenken wäre die Quote noch höher. Es folgten Italien mit 136 und Portugal mit 133 Prozent. Estland schneide mit 10 Prozent Verschuldung am besten ab. Deutschland liege mit 77 Prozent im Mittelfeld und übersteige damit aber deutlich die Maastricht Kriterien von 60 Prozent.

Royal Mail erfolgreich

Bei saisonbedingt niedriger Emissionstätigkeit konnten am Mittwoch zwei Unternehmen erfolgreich Anleihen in einem Volumen von jeweils 500 Millionen Euro platzieren, wie Stopp berichtet. Ein siebenjähriger Bond des französischen Immobilienunternehmen Gecina (WKN A1ZMME) mit einem Kupon von 1,75 Prozent emittierte bei 99,317 Prozent. Der britische Postdienst Royal Mail refinanzierte sich über eine zehnjährigen Anleihe (WKN A1ZMMG) mit einem jährlichen Zins von 2,375 Prozent über den Kapitalmarkt. Bei einem Emissionskurs von 99,482 Prozent liege der Spread bei 108 Basispunkte über dem Mittelwert von An- und Verkaufspreis.

Mit einer in dieser Woche neu aufgelegten, im Juli 2019 fälligen Anleihe bietet Thom Europe (WKN A1ZL7S) seinen Anlegern einen jährlichen Zins von 7,375 Prozent, wie Hellwig berichtet. Der europaweit führende Einzelhändler von Schmuck in Einkaufszentren habe so 346,78 Millionen Euro eingesammelt. Beim aktuellen Kurs von 99,17 Prozent erreiche die Anleihe eine aktuelle Rendite von 7,78 Prozent.

Es bleibt spannend

Die WM ist vorbei, Argentinien ist geschlagen und in den Fußballstadien ist wieder Ruhe eingekehrt. "Für den Handel mit argentinischen Anleihen gilt dies allerdings nicht", bemerkt Hellwig. Es bleibe die spannende Frage, ob die argentinische Regierung zahlt. "Das Ende der 30-tägigen Zahlungsfrist für den Kupon der Discountanleihen aus den Umtauschaktionen 2005 und 2010 (WKN A0DUDG) steht weiter in unserem Kalender." Das Land habe zwar durch Überweisung der nötigen Gelder an die Bank Mellon Zahlungsbereitschaft gezeigt. Das Urteil des Bezirksrichters Griesa verhindere aber die Auszahlung der Zinsen an die Anleihe-Inhaber. Demnach fließe erst Geld, wenn gleichzeitig die Altanleihen der Kläger bedient würden. "Direkte Verhandlungen zwischen den beiden Parteien am Donnerstag brachte keine Lösung."

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von Iris Merker, Deutsche Börse AG
© 25. Juli 2014

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