Bilfinger: Absturz eines Konzerns

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Der Bau- und Dienstleistungskonzern Bilfinger steht vor einem Scherbenhaufen. Vier Gewinnwarnungen, ein hoher Verlust im dritten Quartal, der Aktienkurs seit Monaten im Sturzflug, der Vorstandvorsitzende weg, der Aufsichtsratschef auch und kaum Besserung in Sicht.

Einen Nettoverlust von 180 Millionen Euro hat Bilfinger im dritten Quartal 2014 gemacht. In der vorangegangenen Woche musste der Bau- und Dienstleistungskonzern bereits zum vierten Mal die Ergebnisprognose senken. Der Aktienkurs sackte daraufhin erneut ab und notiert nur noch bei gut 46 Euro. Gegenüber dem Jahreshöchststand von 93 Euro haben die Bilfinger-Papiere rund 50 Prozent an Wert verloren. Eine rasche Wende zum Guten erwarten auch die Konzernverantwortlichen nicht.

“Nach dem enttäuschenden Jahr 2014 wollen wir unsere Ertragskraft wieder kontinuierlich verbessern, den Unternehmenswert steigern und verlorenes Vertrauen auf den Kapitalmärkten zurückgewinnen”, heißt es im vorgelegten Zwischenbericht des MDax-Konzerns. Im Kraftwerksgeschäft sei eine “grundlegende Neuausrichtung” der Aktivitäten erforderlich. Auch einzelne Bereiche des Industriegeschäfts seien betroffen.

Gewinneinbruch kostete Roland Koch den Job

Der Konzern kommt nicht zur Ruhe, auch nach dem Weggang Roland Kochs als Unternehmenschef nicht. Der ehemalige hessische Ministerpräsident hatte seinen Posten im März 2011 angetreten. Koch übernahm die Strategie seines Vorgängers Herbert Bodner: Der Konzern sollte wegkommen von seinem Kerngeschäft, dem Bauwesen, und sich profitable Service-Aufträge wie die technische Beratung oder das Immobilienmanagement konzentrieren.

Die Strategie scheint zumindest vorerst gescheitert. Vor allem das schwierige Kraftwerksgeschäft hat Bilfinger einen Strich durch die Rechnung gemacht. Auch die Anleger sehen die Zukunft pessimistisch. Im März 2014, drei Jahre nach dem Antritt von Roland Kochs, stieg die Bilfinger-Aktie mit 93 Euro noch auf ein Allzeithoch. Dann jedoch kam die erste Gewinnwarnungen und seitdem kennen die Papiere nur noch eine Richtung: nach unten.

Personalkarussell dreht sich weiter

Bilfinger-Aktien notieren mittlerweile rund 25 Prozent tiefer als zu Kochs Antritt als Vorstandschef. In der gleichen Zeit hat der MDax über 50 Prozent an Wert gewonnen. Nach der zweiten zog der Aufsichtsrat die Reißleine: Roland Koch nahm seinen Hut und Ex-Chef Herbert Bodner übernahm vorübergehend sein Amt. Doch damit hat das Personalkarussell nicht aufgehört sich zu drehen.

Erst am Dienstag wurde der ehemalige Metro-Chef Eckhard Cordes zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates bestimmt. Der schwedische Großinvestor Cevian ist so im Kontrollgremium der Mannheimer nun mit zwei Personen vertreten. Die Schweden halten mehr als ein Viertel an Bilfinger. Seinen Platz im Aufsichtsrat hatte Bernhard Walter vorzeitig zum 4. November geräumt. Cevian gilt auch als eine treibende Kraft beim Koch-Abgang.

Ungewisse Zukunft

Die Zukunft sieht Bilfinger vorerst in der “Stärkung unseres heutigen Geschäfts”, wie es im Quartalsbericht heißt. Künftig sollen aber auch Zukäufe der Unternehmensentwicklung wieder Impulse geben. Dabei soll vor allem die Internationalisierung vorangetrieben werden.

Ob dieser Plan aufgeht, wird die Zukunft zeigen. Börsianer zumindest zeigen sich vorsichtig optimistisch. In der vergangenen Woche waren die Bilfinger-Aktien noch auf das Jahrestief von 42,35 Euro gestürzt. Seitdem hat der Kurs wieder um gut neun Prozent zugelegt.

OnVista/dpa-AFX
Foto: Bilfinger

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