Dax-Anleger haken Brexit ab – Spannung vor VW-Hauptversammlung

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Geht es nach deutschen Börsianern, scheint die Sache klar: Die Briten bleiben in der EU. Am deutschen Aktienmarkt herrscht so weiter Kaufstimmung. Der Dax klettert weiter.

Morgen steigt in Großbritannien das Referendum über den EU-Verbleib. Anleger am deutschen Aktienmarkt lassen sich von dem Votum aber offenbar nicht länger irritieren. Nachdem jüngste Umfragen einen Verbleib des Landes in der Europäischen Union wahrscheinlicher erscheinen ließen, sind Börsianer wieder in Kaufstimmung.

Der Dax startete mit einem Gewinn von rund 0,8 Prozent in den Mittwochhandel und stieg auf knapp 10.100 Punkte. Sollte der deutsche Leitindex die Gewinne halten, wird er nicht nur den vierten Gewinntag in Folge einfahren, er könnte sich zudem über der 200-Tage-Linie festsetzen, die bei 10.080 Punkten verläuft.

Gestern bereits hatte die Hoffnung auf den Verbleib der Briten in der EU die Anleger vermehrt zu Aktien greifen lassen. Der Dax schloss mit 10.016 Zählern erstmals seit knapp zwei Wochen wieder über der Marke von 10.000 Punkten. Trotz der vorherrschenden Zuversicht gibt es jedoch weiterhin zahlreiche mahnende Stimmen.

Auch wenn die Zahl britischer EU-Befürworter zuletzt gewachsen zu sein scheint, verweisen Beobachter darauf, dass der Ausgang des Referendums noch keineswegs sicher sei. Die Aktienmärkte bauten derzeit eine Erwartungshaltung auf, so Jochen Stanzl von CMC Markets. Werde die Hoffnung auf den EU-Verbleib der Briten jedoch enttäuscht, werde es am Aktienmarkt ein böses Erwachen geben.

Weiter Kopf-an-Kopf-Rennen

Am Dienstag hatte sich der britische Premierminister David Cameron in einem dramatischen Appel direkt an die Wählerinnen und Wähler gewandt. “Für Sie, für Ihre Familie und für die Zukunft unseres Landes, stimmen Sie für Drinbleiben”, appellierte er vor seinem Amtssitz Downing Street 10. Cameron warnte zugleich: Sollten die Briten bei dem historischen Votum an diesem Donnerstag für einen Austritt aus der EU stimmen, gebe es kein Zurück mehr. “Das war es dann. Das ist unumkehrbar. Wir werden dann Europa für immer verlassen.”

Neuste Umfragen ergeben weiter kein klares Bild über den möglichen Ausgang der Volksabstimmung. Eine Studie des ORB-Instituts für die Zeitung “Daily Telegraph” ergab 53 Prozent für das Pro-EU-Lager und 46 Prozent für die Brexit-Befürworter. Befragt wurden vom 14. bis 19. Juni rund 900 Wähler, die definitiv abstimmen wollten.

Dagegen sah das Institut YouGov – anders als vor einigen Tagen – nun wieder das Brexit-Lager knapp vorn. 44 Prozent von mehr als 1600 Befragten wollten demnach für einen EU-Austritt stimmen, 42 Prozent für Drinbleiben. 9 Prozent seien unentschlossen, der Rest wollte nicht wählen gehen. Diese Umfrage wurde vom 17. bis 19. Juni durchgeführt.

Spannung vor Hauptversammlung

Bedeutenden Konjunkturdaten stehen zur Wochenmitte nicht auf der Agenda. Auch das ist ein Grund, warum das Brexit-Referendum weiterhin die volle Aufmerksamkeit der Börsianer auf sich zieht. Einzig Volkswagen dürfte es heute prominent in die Schlagzeilen schaffen.

Der VW-Konzern empfängt erstmals seit dem Ausbruch der Diesel-Krise seine Aktionäre zur Hauptversammlung. Das Treffen in Hannover findet neun Monate nach dem Bekanntwerden der Abgas-Affäre statt. Für den Vorstand und Aufsichtsrat könnte es ein stundenlanges Scherbengericht werden. Aktionärs- und Investorenvertreter sowie manche Kleinaktionäre werden viele bohrende Fragen stellen rund um Themen wie die Aufarbeitung des Skandals, die Reaktion des Managements, die weiter millionenschweren Vorstands-Boni und den laufenden Umbau des Konzerns.

Rückendeckung bekommt der Vorstand allerdings durch den Aufsichtsrat. Das Gremium sieht auch nach den jüngsten Ermittlungen der Kapitalmarktaufsicht Bafin und der Staatsanwaltschaft gegen Vorstandsmitglieder keinen Grund für einen Vertrauensentzug, sagte ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters. “Es bleibt bei der Empfehlung, alle Vorstände zu entlasten.”

Hoffnungszeichen für die Stahlbranche

Unter den Einzelwerte ziehen heute neben Volkswagen Stahlwerte wie Thyssenkrupp oder Salzgitter Aufmerksamkeit auf sich, nachdem der US-Rivale AK Steel Preiserhöhungen angekündigt hat. “Das sollte positiv auf die Branche und die europäischen Stahlwerte wirken”, sagte ein Händler.

Im MDax dürften die Anteilsscheine von Kuka weiter im Blick stehen. Der Roboterbauer holt sich nach der milliardenschweren Übernahmeofferte durch den chinesischen Hausgerätehersteller Midea laut einem Pressebericht nun Unterstützung bei Großbanken. Die Deutsche Bank, die Commerzbank, Berenberg und Goldman Sachs seien um ihre Meinung zu dem Angebot gebeten worden, berichtete das “Handelsblatt”.

Ein Aktiensplit im Verhältnis eins zu drei steht zudem bei Jungheinrich an. Entsprechend wird der Kurs der Aktie mit Umstellung der Börsennotierung rechnerisch ein Drittel des bisherigen Wertes betragen. Die Aktienanzahl erhöht sich auf insgesamt 102 Millionen Stück, von denen 54 Millionen Stammaktien und 48 Millionen Stück die MDax-notierten Vorzugsaktien sind.

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OnVista/dpa-AFX/Reuters
Foto: Deutsche Börse

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