Prognosen, Prognosen …

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo Leute! Alte Füchse wissen: Die Wettervorhersagen sind heute viel besser als früher - gilt das auch für die Prognosen zu Wirtschaft und Börse? Ich lasse die Antwort offen, wäre ja auch was für eine Doktorarbeit. Aber die jüngsten Fehleinschätzungen zeigen wieder einmal, dass man sich einfach nicht drauf verlassen kann, was die Experten so übers Jahr absondern. Im Zeitalter der Digitalisierung und Globalisierung gibt es so viele kaum berechenbare Einflüsse, dass Prognosen über einen Jahresverlauf hinweg und länger fast ausgewürfelt werden können (leicht übertrieben).

Brauchen wir sie denn überhaupt? Klar, keine Zweifel, denn sie sind wichtige Leitlinien und Orientierungshilfen. „Schlimmer als trübe Aussichten sind gar keine. Es herrscht totaler Nebel.“ SAP-Gründer Hasso Plattner bringt’s auf den Punkt.

Ärgerlich ist es allerdings, wenn von einem bedeutenden Haus den Kunden unterschiedliche Prognosen auf den Weg gegeben werden, was das „Handelsblatt“ gestern groß thematisiert hat, denn: Innerhalb einer gaaanz großen deutschen Bank kann man sich offenbar über die weiteren Börsenaussichten nicht einigen und veröffentlicht widersprüchliche Empfehlungen für Privatkunden und Profis. Dahinter steckt sicher keine böse Absicht, ist aber mindestens total ungeschickt und schwer zu rechtfertigen.

Gestern gab’s auch ne echte Überraschung: Unsere Verbraucherpreise sind im März nur noch um 1,6 Prozent zum Vorjahresmonat gestiegen. Dafür sorgten langsamer steigende Preise für Energie und Lebensmittel - die Hauptpreistreiber der vergangenen Monate. Im Februar hatte die Teuerungsrate mit 2,2 Prozent noch den höchsten Wert seit Mitte 2012 erreicht. Und von Reuters befragte Ökonomen rechneten jetzt lediglich mit einem Rückgang auf 1,9 Prozent. Nun ist das im Grunde erfreulich - dann aber auch wieder nicht. Denn spätestens die 2,2 Prozent waren für die geldpolitischen Meckerer der Anlass, jetzt doch auf eine näher rückende Wende der Geldpolitik zu setzen. Es wird halt langsam Zeit, dass Super-Mario den ersten Schritt zur Normalisierung ankündigt. Das scheint auf einmal wieder anders - typischer Kommentar eines Bankers: „Das nimmt Druck von der Europäischen Zentralbank.” Diese spricht nur bei Werten von knapp unter 2 Prozent von stabilen Preisen. Da im Februar diese Marke übertroffen wurde, spekulierten die Finanzmärkte eben auf eine absehbare Zinserhöhung. Im März sind wir wieder drunter …

Auch bei den Amis sind jetzt Prognosen korrigiert worden. Die Unterschiede sehen zwar nach wenig aus, sind aber gravierend. Im letzten Quartal 2016 stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 2,1 Prozent, wie Washington am Donnerstag nach endgültigen Berechnungen mitteilte. Bisher waren die Experten von einem Plus von 1,9 Prozent ausgegangen, nach 3,5 Prozent im Sommerquartal. Der Grund für die Aufwärtskorrektur: Die Konsumausgaben stiegen etwas kräftiger als bislang angenommen. Die jüngsten Konjunkturdaten signalisieren allerdings, dass die Wirtschaft im zu Ende gehenden Quartal an Fahrt verloren hat. Und das lässt die Fachleute grübeln. Manche haben bisher sogar mit einer Beschleunigung der Zinsschritte durch die US-Notenbank gerechnet. Nun gibt es Zweifel - wenn der Schwung der Ami-Konjunktur trotz Trump nachlassen sollte. Und was wird dann aus Dow und S&P? Kein Mensch weiß das.

Nur eines ist sicher: Wer wirklich langfristig auf amerikanische und deutsche Aktien setzt, braucht sich solche Sorgen nicht zu machen. Und vergesst nicht die (zynisch klingende) Erkenntnis, meine Freunde: Das Schöne an der Börse ist, dass man als Spekulant tausend Prozent Gewinn machen, aber nie mehr als hundert Prozent verlieren kann.

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