Union und SPD erhöhen vor Tsipras-Besuch Druck

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Berlin (Reuters) – Kurz vor dem Antrittsbesuch des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras in Deutschland haben Union und SPD den Druck auf die Regierung in Athen erhöht.

Diese müsse erkennen, dass es ohne Reformen als Gegenleistung für die finanziellen Hilfen nicht gehe, sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel am Sonntag in der ARD. Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte dem “Handelsblatt” laut Vorabbericht, die Regierung müsse sich vor allem noch mehr anstrengen, um fällige Steuern einzutreiben und “unsinnige Steuer-Privilegierungen” zu streichen. Nach einem Bericht der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” ist die griechische Regierung nur noch bis zum 8. April zahlungsfähig.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte “Spiegel Online”, er fordere von Griechenland die Modernisierung des öffentlichen Dienst, eine effektive Steuerverwaltung und Maßnahmen gegen Korruption. Skeptisch zeigten sich Kauder und Oppermann über ein mögliches drittes Hilfspaket, auf das Griechenland in diesem Sommer angewiesen sein könnte. Ausgeschlossen wurde es aber auch nicht. “Wir denken an keine weiteren Programme”, sagte Kauder.

Bislang haben die Europäische Union (EU) und der Internationale Währungsfonds (IWF) Griechenland mit zwei Hilfspakten insgesamt 240 Milliarden Euro geliehen, um eine Staatspleite zu verhindern. Die Auszahlung von verbleibenden 7,2 Milliarden Euro des zweiten Hilfspaktes haben EU und IWF nun von der Vorlage eines Reformprogramms abhängig gemacht.

Eine Verbindung der griechischen Forderungen nach Reparationen für die Verbrechen während der deutschen Besetzung Griechenlands im Zweiten Weltkrieg mit den Verhandlungen über die Finanzhilfen lehnte Gabriel ab: “Die beiden Dinge haben nichts miteinander zu tun.” Kotzias sagte der “Süddeutschen Zeitung”: “Ich glaube, man muss Wege finden, mit Deutschland rational über bestimmte Probleme zu diskutieren.” Er schlage deshalb einen Weisenrat zur Reparationsfrage mit Wissenschaftlern aus beiden Ländern vor. Die Bundesregierung hat erst am Freitag ihre Ablehnung von Reparationszahlungen bekräftigt.[ID:nL6N0WM20M]

GABRIEL HOFFT AUF NEUSTART

Gabriel erklärte aber auch, es reiche nicht, allein Banken zu retten. Es müsse auch etwas zur Schaffung von Arbeitsplätzen getan werden. “Das soziale Elend ist riesig”, sagte der SPD-Chef. Von dem ersten bilateralen Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Tsipras erhoffe er sich einen Neustart der Beziehungen. Griechenlands Außenminister Nikos Kotzias sprach in Berlin von Freundschaft und gemeinsamen Interessen. Bei dem Treffen von Merkel und Tsipras werde es darum gehen, “dass man mehr über die Wahrheit und die Zukunft Europas diskutiert, als dass man die Auseinandersetzung mitträgt”, sagte Kotzias der Deutschen Welle.

In den vergangenen Tagen waren die Spannungen zwischen beiden Ländern gestiegen. So hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erklärt, er habe das Vertrauen in seinen griechischen Kollegen Yanis Varoufakis verloren. Gabriel bekräftigte, es müsse alles getan werden, um ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro zu verhindern.

Das griechische Parlament beschloss unterdessen ein erstes Reformpaket zur Sanierung der Staatsfinanzen. Das Freitagnacht verabschiedete Gesetz sieht unter anderem Strafnachlässe für Schwarzgeld vor, um Steuerhinterzieher dazu zu bewegen, ihre Schulden beim Fiskus zu begleichen. Schuldnern werden auch langfristige Tilgungspläne eingeräumt. Nach Angaben der griechischen Regierung summieren sich die Außenstände der Finanzämter auf 76 Milliarden Euro. Jedoch könnten wahrscheinlich nur 8,9 Milliarden Euro der Steuerschulden eingetrieben werden.

Neueste exklusive Artikel