Was meint Ihr denn so?

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo, Leute! Glaubt mir, ich bin total froh, jetzt keine Anlageentscheidung treffen zu müssen. Ich bin investiert, mein Depot sieht ganz gut aus. Und die Liquidität (etwas mehr als 20 Prozent) bleibt das, was sie ist. Ich hab einfach keine klare Meinung. Meine gewöhnlich gut funktionierende Nase ist gereizt - nicht von Tsipras & Co., sondern vom Heuschnupfen. Ich finde es schon irgendwie eigenartig, dass fast alle um mich herum so tun, als wüssten sie, was jetzt auf uns kommt, zumindest worauf es jetzt ankommt. Kennt Ihr vielleicht jemand, der keine Meinung zur Griechenland-Krise hat?

Je intensiver ich über Hellas und Europa nachdenke, umso mehr dröhnt mir die Rübe. Und wir müssen uns ja auch noch mit anderen dicken Problemen beschäftigen. Ich sage nur China. Aktienkurse gestern weiter auf Talfahrt. Damit verpufften die am Wochenende angekündigten Stützungsmaßnahmen für die Börse. Die Turbulenzen an den chinesischen Aktienmärkten haben auch an den Rohstoffmärkten zu einem Ausverkauf bei den Industriemetallen geführt. China verbraucht nämlich fast die Hälfte der Kupferbestände weltweit. Der Kupferpreis, den manche Analysten auch als Konjunkturindikator nehmen, ist um 5,6 Prozent auf ein Sechs-Jahres-Tief abgestürzt. Nickel fiel um knapp 7 Prozent. So wächst die Angst vor einem nachhaltigen Börsencrash im Reich der Mitte, dessen Konjunktur ohnehin schon an Schwung verloren hat - mit unabsehbaren Folgen für die ganze Region. Nur für die Region?

Selbst die Deutsche Bank hat dazu ein Meinung, lese ich heute doch in deren „Perspektiven am Morgen“: Bei vielen Rohstoffen herrscht Überangebot. Daher ist der Preis für viele Industrierohstoffe gefallen. Der Preis für die Tonne Eisenerz hat sich binnen eines Jahres halbiert. Australiens Minenbetreiber wollen trotzdem mehr fördern und setzen auf ihre geringen Kosten im Tagebau. Wie beim Öl dürfte das Überangebot auch wegen mäßig wachsender Nachfrage bestehen bleiben. Das wird die Notierungen wohl weiter belasten, und auch Rohstoffwährungen wie den australischen Dollar, Brasiliens Real oder die norwegische Krone.

Ihr wisst ja, es gibt Crash-Propheten in Ami-Land, die für heute bzw. heute beginnend einen ziemlich dramatischen Kursrutsch an der Wall Street vorhersagen. Bis gestern war davon absolut nix zu sehen. Ein Glaskugel-Guru, der mir immer wieder seinen Senf zu Deutschland schreibt, hat schon vor genau einer Woche seine Dax-Prognose nach unten korrigiert: bis auf etwa 10.300 Punkte, wenn der Bereich um 10.800 nicht halten sollte. Ich hingegen neige zur Meinung, das aktuelle Kursniveau auf beiden Seiten des Großen Teichs als Einladung zum Kauf zu betrachten - aber es sind halt Zweifel aufgekeimt.

Ihr kommt einfach nicht drumherum, meine Freunde, eine eigene, ganz persönliche Meinung zu entwickeln. Schon der olle Bismarck, unser erster Reichskanzler, hat erkannt: „Leisten wir uns den Luxus, eine eigene Meinung zu haben.“ Wer ähnlich wie ich meint, dass am Ende alles gut wird (einfach weil es gut werden muss!), der kauft jetzt eifrig neben seinen Heimatwerten vor allem Ami-Aktien - da ist man entfernungstechnisch weit weg von allen Krisengebieten der Welt und geht gleichzeitig in die wichtigste Währung. Wer dazu gerne konkrete Empfehlungen hätte - bitte sehr, hier die gerade eben vorgelegte Top-Ten-Liste deutscher Aktien der Strategen von Metzler Capital Markets. Die größten Kurschancen liegen nach deren Meinung im dritten Quartal 2015 bei den Aktien von Commerzbank, Daimler, Deutsche Börse, Dürr, Hella, Hochtief, K+S, Munich Re, Nordex und RTL Group. Eins noch: Wer wirklich gaaanz langfristig denkt und in Aktien-Sparpläne anlegt, sollte seine Meinung ja nicht ändern!

boersenfuchs@onvista.de

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