WOCHENAUSBLICK: Dax dürfte Korrektur fortsetzen - China möglicher Kontrapunkt

dpa-AFX · Uhr (aktualisiert: Uhr)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Der plötzlich eingelegte Rückwärtsgang dürfte den Kurs am deutschen Aktienmarkt auch in der neuen Woche bestimmen: Dem Dax droht laut Experten ein weiterer kräftiger Dämpfer. Die größten Skeptiker unter den Börsianern halten sogar einen Absturz bis auf 10 450 Punkte für möglich - ein Rutsch um nochmals rund 10 Prozent. Einerseits sei der Markt in zu kurzer Zeit zu stark nach oben gelaufen, heißt es. Andererseits sei insbesondere die Sorge um ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro erneut aufgeflammt. Vor dem Hintergrund des anstehenden Treffens der Euro-Finanzminister in Riga dürfte das Thema "Grexit" daher auch die kommenden Handelstage bestimmen.

In die Suppe spucken könnte den Pessimisten aber die Entscheidung der chinesischen Notenbank vom Sonntag, den sogenannten Mindestreservesatz so deutlich wie seit der globalen Finanzkrise nicht mehr abzusenken. Die Reduzierung um einen ganzen Prozentpunkt ermöglicht den Banken, einen größeren Anteil ihrer liquiden Mittel für die Kreditvergabe zu verwenden, anstatt das Geld bei der Notenbank parken zu müssen. "Dieser Schritt ist viel größer als der Markt angenommen hatte", sagte Liu Li-Gang, Chefvolkswirt China bei der Australia & New Zealand Banking Group. "Die Banken werden mit Liquidität geflutet werden." Allerdings dürfte der bereits heiß gelaufene Aktienmarkt nun weiteren Treibstoff erhalten. Gemeint sind damit zwar zunächst die chinesischen Märkte. Auszuschließen sind stimulierende Effekte für die Wertpapierbörsen außerhalb des Landes aber nicht.

Im Athner Schuldendrama tauchten indes am Wochenende wieder Russen und Chinesen auf der Bühne auf. Griechischen Zeitungen zufolge hofft die Regierung auf insgesamt bis zu 15 Milliarden Euro durch Vorauszahlungen für die Nutzung des Hafens von Piräus, einen Einstieg bei der griechischen Eisenbahn und Transitgebühren für die geplante Erdgas-Pipeline Turkish Stream. Die internationale Finanzwelt forderte Athen auf dem Frühjahrstreffen des IWF und der Weltbank derweil eindringlich zu tiefgreifenden Reformen auf, um eine Staatspleite noch abzuwenden.

"Das griechische Schuldendrama geht in die nächste Runde", hatte Helaba-Analystin Claudia Windt am Freitag kommentiert. Denn spätestens an diesem Montag müsste eine belastbare Reformliste vorliegen, damit diese am Freitag von den Euro-Finanzministern bewertet werden kann. "Da dies nicht zu erwarten ist, wird das Feilschen um die nächsten Fälligkeiten und den angemessenen Kurs im Mai weitergehen", hatte die Marktexpertin gewarnt und zugleich auf die zunehmend prekärere Finanzlage Griechenlands verwiesen.

Das zuletzt fast verdrängte Griechenland-Thema dient laut Andreas Paciorek von CMC Markets aktuell als willkommenes Ventil für die längst erwartete Konsolidierung des Marktes. Für ihn wenig überraschend, denn nach der seit gut einem Quartal durchgängigen Rekordjagd zögen die Anleger nun eine erste Bilanz. Und da für weitere Käufe aktuell die Argumente fehlten, werde erst einmal Kasse gemacht. Immerhin hat der Dax im ersten Quartal gut 20 Prozent gewonnen und noch am 10. April ein Rekordhoch bei 12 390 Punkten erreicht.

"Die aktuelle Konsolidierung ist verständlich und sogar notwendig, um neue Kräfte für die nächste Aufwärtsbewegung zu sammeln", erläutert Philipp Müller, Portfolio Manager von der Performance IMC Vermögensverwaltung AG seine Sicht der Dinge. Wegen des billigen Geldes der Notenbanken, vor allem von der Europäischen Zentralbank (EZB), sowie dem zum US-Dollar schwachen Euro traut er dem Dax im Sommer einen Anstieg auf bis zu 13 500 Punkte zu.

Bis dahin aber könnte die Börsenweisheit "Sell in may and go away" womöglich schon ein guter Rat Mitte April sein, wie Marktexperte Daniel Saurenz von Feingold Research schreibt. Denn neben den Grexit-Sorgen könnten in der neuen Woche auch Konjunkturdaten den Druck auf die Börsen vergrößern. Beim am Dienstag erwarteten ZEW-Index, der die deutschen Konjunkturerwartungen von Finanzmarkt-Analysten widerspiegelt, und auch dem ifo-Geschäftsklima-Index als wichtigen Frühindikator für die deutsche Wirtschaftsentwicklung ist laut der Helaba der Spielraum nach oben inzwischen begrenzt. Claudia Windt erwartet daher auch von dieser Seite einen Dämpfer für die Aktienmärkte.

Weitere wichtige Daten werden am Donnerstag von den europäischen Einkaufsmanagerindizes für das Verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungsektor erwartet. Im spärlich gefüllten Konjunkturkalender der USA in der neuen Woche ragen nur die Auftragseingänge für langlebige Güter im März hervor, die am Freitag veröffentlicht werden. Diese zeigten in den letzten Monaten einen Abwärtstrend, der sich laut der Postbank weiter fortgesetzt haben dürfte, und untermauerten damit die konjunkturelle Schwächephase in den USA.

Unternehmensseitig hingegen ist es hierzulande dagegen noch ruhig, während die Berichtssaison in den USA bereits einen Gang hochgeschaltet hat. SAP eröffnet hierzulande am Dienstag mit Zahlen zum ersten Quartal den Zahlenreigen. Getragen vom schwachen Euro, dem größten Zukauf der Unternehmensgeschichte und weiter starkem Wachstum im Geschäft mit Mietsoftware dürfte die Quartalsbilanz von Europas größtem Software-Hersteller deutlich optimistischer aussehen als noch vor einem Jahr.

Zur Deutschen Bank könnten am Freitag Neuigkeiten durchdringen, denn da steht wohl eine außerordentliche Sitzung des Aufsichtsrats an. Thema sei die strategische Neuausrichtung, hatte es kürzlich in einem Bericht des "Handelsblatt" ohne Quellenangabe geheißen. Falls Nachfragen und Bedenken des Aufsichtsrats rechtzeitig geklärt seien, wolle die Führungsspitze der Bank die Strategie am 29. April zeitgleich mit der Quartalsbilanz bekanntgeben. Jüngsten Spekulationen des "Spiegel" zufolge wurde inzwischen eine Vorentscheidung für den Verkauf der Postbank getroffen. Ein Konzernsprecher dementierte dies jedoch./ck/ag/he


Von Claudia Müller, dpa-AFX

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