Zucker für die Börsen

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo Leute! Unterhalten sich zwei Väter am Rande einer Kinderkarnevalsveranstaltung über Donald Trump (was sonst). Nach kurzer Zeit die Polarisierung. Vater K. (ein leitender Bankangestellter) beschreibt größte Sorgen, sieht Welthandel und Weltfrieden schwer bedroht und Europa zerreibt sich. Vater F. (ein mittelständischer Unternehmer) winkt ab, glaubt an den Erfolg des neuen Präsidenten, sieht nachhaltige Impulse für die westliche Wirtschaft und erwartet am Ende eine Stärkung Europas. Ich hab mich rausgehalten (meine Sorgen kennt Ihr ja).

Aber nehmen wir einmal an, der Washingtoner Trompeter lernt rasch Politik, wird von seinem Team (siehe Vizepräsident Mike Pence auf der Münchner Sicherheitskonferenz) gerade gerückt und korrigiert seine schlimmsten Pläne - wäre das nicht eine Bestätigung für die Wall Street? Jedenfalls ist es irgendwie reizvoll darauf zu spekulieren, dass am Ende doch alles gut wird. Dazu gehört auch, der Brexit wird doch noch abgeblasen, der Einfluss der Rechtspopulisten in Europa schwindet nach den Wahlen in Frankreich, den Niederlanden und bei uns. Europa umarmt sich, die Nato wird gestärkt, das transatlantische Bündnis gefestigt, der Friedensprozess in Nahost macht historische Fortschritte, Trump und Putin werden Freunde.

Dazu gibt es „Zuckerstückchen für die Märkte“, was am Wochenende von den Vordenkern der Allianz Global Investors lecker beschrieben wird. Denn Zucker macht das Leben süß, und wer erliegt nicht regelmäßig der Versuchung von Schokolade & Co.? Man sagt Zucker nach, dem Körper schubweise Energie zuzuführen, die mitunter flüchtig ist. Was wir derzeit an den Kapitalmärkten erleben, erinnert an einen solchen kräftigen Energieschub. Die Märkte bekommen Süßigkeiten in Form von auf breiter Basis verbesserten Konjunkturdaten verabreicht, und auch neue Hoffnungen auf steuerliche Erleichterungen der US- Regierung unter Donald Trump schmecken gut. Da geraten die Sorgen zunächst in den Hintergrund. Zahlreiche Aktienindizes haben zuletzt neue historische Höchststände markiert.

Konjunkturell genießen die Kapitalmärkte gerade „la dolce vita“, schreiben die Investment-Giganten weiter. Nachdem das Jahr 2016 einen starken Endspurt hingelegt hat, konnten sich globale Konjunkturdaten auch zum Start ins Jahr 2017 in der Breite weiter befestigen. Die Daten in der abgelaufenen Woche haben diesen Trend grundsätzlich bestätigt, auch wenn hier und da der Zuckerguss gefehlt hat.

Zusätzlich können die Aktienmärkte aus der verbesserten Gewinndynamik Honig saugen: Die bisherige Steigerung der Gewinne in der laufenden Gewinnsaison liegt in den USA über 8%, in Europa sogar über 15% über dem Vorjahr. Auch in Japan nehmen die Gewinnschätzungen neue Dynamik auf. Das tut gut nach der schwachen oder sogar negativen Gewinndynamik über weite Teile der Jahre 2015 und 2016. Somit steigen die Aktienmärkte wieder untermauert durch Gewinne, nicht nur über die Ausweitung von Bewertungsvielfachen. In diesem Umfeld verliert die Geldpolitik, der unbestrittene Taktgeber der Kapitalmärkte der letzten beiden Jahre, ein wenig an Strahlkraft, bleibt aber natürlich wichtig.

Irgendwie süß diese allegorische Beschreibung der Börsenlage. Alle Trump-Folger und Freunde der Es-wird-nicht-so-heiß-gegessen-These werden sich derartigen Optimismus gerne auf der Zunge zergehen lassen. Und dann macht es Sinn, zumindest einen Teil der liquiden Mittel in deutsche und Ami-Aktien zu investieren.

PS.: Gerade erreicht mich eine ganz frische Analyse von Goldman Sachs Asset Management - und die müssen es ja wissen (wegen der Nähe der Goldmänner zu Trump). Fazit: In vielerlei Hinsicht haben wir jetzt einen Wendepunkt erreicht, da die Währungs- und Fiskalpolitik bereit scheint, aus ihren alten Mechanismen auszubrechen. Zunächst sprechen zwei Dinge für einen anhaltenden Bullenmarkt bei Aktien: Erstens sehen wir ein größeres Potenzial für wirtschaftliches Wachstum und Ertragszuwächse. Zweitens stehen uns politische Unwägbarkeiten bevor. Zentral ist allerdings, dass einige Unternehmen hieraus mit deutlich stärkeren Wachstumsprofilen hervorgehen dürften als andere.

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