Bitcoin Jahresausblick

Nicht auf den klassischen Bullrun-Fahrplan verlassen

decentralist.de · Uhr
Quelle: AlyoshinE/Shutterstock.com

2023 war ein starkes Jahr für Bitcoin und den restlichen Krypto-Sektor. Der Bärenmarkt liegt hinter uns und Bitcoin konnte scheinbar den nächsten langfristigen Aufwärtstrend einleiten. Der Altcoin-Sektor ist ebenfalls erwacht und weist wieder dreistellige prozentuale Kurssteigerungen in schöner Regelmäßigkeit auf, nachdem es im Jahr 2022 einmal mehr düster ausgesehen hatte.

Worauf schaut der Krypto-Sektor für 2024?

Im kommenden Jahr steht ein fast religiös anmutendes Ereignis für die Krypto-Community an: Das Bitcoin-Halving, bei dem die Neuerzeugungsrate von Bitcoin halbiert wird. Das Protokoll schreibt es so vor, dass eine Halbierung einmal alle vier Jahre passiert. Es wird das vierte Halving sein und die Neuerzeugungsrate von jetzt 6,25 auf dann nur noch 3,125 neue Bitcoins pro Transaktionsblock verringern. Voraussichtlich im April 2024 wird es so weit sein. 

Der Gedanke ist einfach – diese Verringerung hat einen positiven Einfluss auf die Gleichung Angebot und Nachfrage gleich Preisentwicklung, da das Angebot sich verlässlich verringert, während die Nachfrage weiter steigt. Das Halving gilt in den Augen vieler Marktteilnehmer immer noch als Haupttreiber für die zyklischen Preisbewegungen von Bitcoin, die sich seit seiner Entstehung beobachten lassen und die sich scheinbar tatsächlich um diese Ereignisse herum orientieren. Auch für 2024 ist die Erwartungshaltung des Marktes an den Halving-Effekt hoch.

Quelle: Tradingview

Die nächste tragende Säule, auf der die Hoffnungen der Krypto-Anleger für einen ausgewachsenen Bullrun beruhen, ist die Zulassung des Bitcoin-Spot-ETFs in den USA. Die Argumentation lautet, dass durch den ETF als reguliertes und in die traditionellen Finanzinfrastrukturen integriertes Produkt der Zugang für die Klasse der institutionellen Investoren frei wird und dass dadurch eine riesige Welle an neuem Kapital in den Markt strömen kann. Es wird spekuliert, dass die Zulassung bereits im Januar, spätestens im März 2024, wenn die letzte Deadline für die Entscheidung der US-Börsenaufsicht vorüber ist, kommen wird. 

Der dritte Aspekt, der aus 2024 ein bullisches Jahr für den Krypto-Sektor werden lassen könnte, liegt in der Weiterentwicklung des Sektors. Ethereum, die große Infrastruktur des Krypto-Marktes, hat wichtige Fortschritte in Sachen Skalierung gemacht und damit die Mainstream-Nutzung der Blockchain-Technologie in diversen wirtschaftlichen Bereichen ein ganzes Stück näher an die Realität rücken lassen. Zudem gibt es mittlerweile mehrere Alternativen zu Ethereum, die beim Thema Skalierung ebenfalls extreme Fortschritte gemacht haben. Die Rally von Solana in den letzten Monaten ist nur ein Beispiel dafür, dass der Markt dies zunehmend anerkennt. 

Neben der grundlegenden Infrastruktur bauen sich bereits wieder neue Narrative auf, die wie in vergangenen Bullenmärkten auch wieder eine Menge Momentum in den Markt bringen könnten. Die drei bisher vielversprechendsten Narrative für einen kommenden Krypto-Bullrun liegen derzeit im Web3-Gaming-Sektor, Real World Assets und im Bereich KI-Coins.

Wird es wirklich ein Bullrun nach Fahrplan?

Wer bereits einige Kolumnen von mir gelesen hat, der weiß, dass ich den gängigen, vom Markt diskutierten Treibern für den Bullrun eher skeptisch entgegenblicke. Das Halving dürfte zwar einen positiven Einfluss auf die Gleichung Angebot und Nachfrage haben, der ETF wird den Weg für die Wall Street freimachen und die Weiterentwicklung des Sektors sieht vielversprechend aus. 

Aber der wichtigste Faktor für steigende Kurse von Bitcoin und Co. bleibt aus meiner Sicht der Liquiditätszyklus, der durch die wiederkehrenden geldpolitischen Interventionen der Zentralbanken hervorgerufen wird. Wer dazu noch einmal die Details haben möchte, dem empfehle ich diese frühere Kolumne

Nachdem wir 2022 durch die geldpolitische Straffungsphase der US-Notenbank eine deutliche Kontraktion der Liquidität gesehen haben, hat sich das Pendel in 2023 wieder in die andere Richtung gedreht. Notenbanken weltweit gehen bereits wieder in eine Phase der geldpolitischen Lockerung über, China setzt Stimuli in Gang, um die angeschlagene Wirtschaft wieder aus ihrem Tief herauszuholen und auch die Federal Reserve hat defacto das Ende ihres Zinserhöhungszyklus kommuniziert.

Die schuldensüchtige Finanzwelt befindet sich in einer Refinanzierungsphase. Vor allem die US-Regierung muss einen riesigen Teil ihres astronomischen Schuldenbergs von mittlerweile über 33 Billionen Dollar refinanzieren. Das geht nicht ohne die Liquiditätsspritzen der Zentralbank, ohne die die Märkte es mittlerweile nicht mehr über längere Zeitspannen aushalten. 

In der Vergangenheit war eine geldpolitische Lockerung stets eine Reaktion auf ein sich rapide verschlechterndes wirtschaftliches Umfeld. Das hatte meistens ebenfalls zur Folge, dass die Schwäche der Wirtschaft an den Märkten ihren Tribut verlangt hat. Die immer größeren geldpolitischen Interventionen haben jedoch in den letzten Jahren – besonders nach 2020 – zu einer immer größeren Verzerrung der Abbildung der Wirtschaft an den Finanzmärkten geführt. Die Geldpolitik ist mittlerweile ein zentraler Faktor, an dem die Märkte sich orientieren.

Die Federal Reserve hat es in der Hand

Eine Rezession wurde im Grunde bereits im Bärenmarkt von 2022 eingepreist. Nun sind die Märkte wieder deutlich darin vorangeschritten, eine weitere Runde der geldpolitischen Lockerung einzupreisen. Vor allem die Federal Reserve als wichtigste Zentralbank hat nun einmal mehr das Schicksal der Märkte in der Hand. Sollten sie – entgegen vergangener Verhaltensweisen – wirklich hart bleiben und ihren Straffungspfad bis zum Ende durchziehen, um das Inflationsgespenst endgültig zu vertreiben, könnte der Preis dafür die Wirtschaft sein. Eine heftige Rezession wäre eine mögliche Folge. Von den Auswirkungen für die Schuldenpolitik der USA ganz zu schweigen. Wahrscheinlich wird das aus dem Ruder gelaufene Schuldenkonstrukt der USA es der Fed jedoch gar nicht möglich machen hart zu bleiben. Doch das könnte die Inflation mittelfristig wiederkehren lassen. Eine Wiederholung der Phase der 70er und 80er Jahre, in der sich eine hohe Inflation und hohe Zinsen immer wieder abgewechselt haben, bleibt ein mögliches Szenario.

Dass wir 2024 sehr wahrscheinlich wieder in eine Phase des Liquiditätsüberschusses kommen werden, ist durchaus bullisch für Bitcoin, da die Kryptowährung besonders stark auf eine Veränderung der Geldmenge reagiert. Ich gehe von diesem Szenario aus, da ich nicht wirklich eine Alternative sehe, wie die USA ihr Schuldenkonstrukt ohne Gelddrucken aufrechterhalten können. Zu drastischen Sparmaßnahmen, einem deutlichen wirtschaftlichen Rückgang und generell Substanzverlust der USA wird ein Großteil der politischen Entscheidungsträger nicht bereit sein. Vor allem nicht in einem Wahljahr. Historisch gesehen steht ein US-Wahljahr eher im Zeichen großzügiger Ausgaben, um die Wähler zu begeistern.

Ich rechne damit, dass wir 2024 einen Bullrun für Bitcoin und den restlichen Krypto-Sektor sehen können, weil erneut eine große Menge an Liquidität in den Markt injiziert wird. Doch der Weg dahin könnte extrem volatil werden, da der Übergang in den nächsten Liquiditätszyklus von Seiten der USA noch moderiert werden muss. In meiner letzten Kolumne bin ich im Detail darauf eingegangen, warum uns in den nächsten Monaten zunächst deutliche Liquiditätsengpässe und damit das Potenzial für eine heftige Korrektur erwarten könnte. 

Nur eines ist so gut wie sicher: 2024 dürfte auf jeden Fall ein heftiger Ritt für die Finanzmärkte und besonders für den Krypto-Sektor werden. Ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches Jahr 2024, denken Sie langfristig!

Alexander Mayer

In einem Krypto-Bullenmarkt spielen Fundamentals keine Rolle. Worauf es wirklich ankommt und welche Narrative im kommenden Bullrun eine große Rolle spielen könnten, erfahren Sie in der neuen Video-Ausgabe von decentralist.

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