Brexit: Hat Theresa May den letzten Gongschlag nicht gehört? – Nächste Schlappe und wieder keine Reaktion!

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Man sollte meinen der Big Ben wäre eigentlich laut genug, um die britische Premierministerin zu wecken, aber anscheinend ist Theresa May eine derjenigen Politiker auf der Insel, die den Ernst der Lage zu verkennen scheint. Da findet am Wochenende eine der größten Demonstrationen der Landesgeschichte für ein zweites Referendum statt und zeitgleich pulverisiert eine Online-Petition für eine erneute Abstimmung mit über 5 Millionen Befürwortern alle bisherigen Rekorde und Theresa May tut so als ob nichts gewesen wäre.

Stattdessen gewinnt man immer mehr den Eindruck die britische Premierministerin ist der Meinung die EU schaut sich das Spielchen noch ewig an und wartet geduldig bis sie im  Unterhaus nach gefühlten 1.000  Abstimmungen endlich eine Mehrheit für den ausgehandelten Deal mit der Europäischen Union hat. Bislang ist der Plan nicht aufgegangen und jetzt scheint auch das Unterhaus die Nase vom Kurs der britischen Premierministerin voll zu haben. Montag-Abend gab es die nächste Schlappe für May. Mit 327 zu 300 Stimmen entschied sich das Unterhaus gegen den Willen der Regierung dafür am Mittwoch über mögliche Alternativen zum ausgehandelten Deal abzustimmen.

Für Keir Starmer, Brexit-Experte der Labour-Partei, die nächste kräftige Schlappe für May. Via Twitter verkündete er: “ Die Premierministerin hat komplett die Kontrolle über ihre Partei, ihr Kabinett und den Brexit-Prozess verloren.“

Zwei kleine Haken gibt es allerdings

Wie Alternativen zum bisher zweifach abgelehnten Deal aussehen könnten ist bislang noch nicht klar. Daher wird jetzt gespannt darauf gewartet, welche Anträge als Alternativen eingereicht werden. Von einer näheren Anbindung an die EU über ein zweites Referendum bis hin zu einem Rücktritt vom Austritt ist alles möglich. Fraglich bleibt allerdings, ob sich im Unterhaus wirklich eine Mehrheit für einen neuen Vorschlag finden lässt. Sollte dies unerwarteter Weise tatsächlich der Fall sein, dann kommt der zweite Haken ins Spiel.

Sollte tatsächlich ein neuer Weg gefunden werden, dann spielt die britische Premierministerin nicht mit. Die Regierung sei nicht gebunden, sollten sich die Abgeordneten auf eine Alternative zum Brexit-Abkommen festlegen, stellte May Montag klar. Die automatische Folge einer Ablehnung ihres Deals sei immer noch ein Austreten ohne Abkommen. Zugleich beschwichtigte sie aber: „Ein No Deal wird nicht passieren, solange das Unterhaus dem nicht zustimmt.“ Damit ist klar: Theresa May weicht nicht von ihrer „Friss oder Stirb“- Mentalität ab. Entweder ihr ausgehandelter Deal oder ein harter Bruch zwischen der EU und Großbritannien.

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Die EU schaut nicht mehr lange zu

Die Europäische Union hat nämlich langsam, aber sicher die Nase gestrichen voll von der Pleiten-, Pech und Pannenserie auf der Insel. Die EU-Kommission wollte sich am Montag-Abend nicht zu Mays Ankündigungen äußern. Eine Sprecherin verwies lediglich darauf, dass nur noch bis Freitag Zeit sei, die Abstimmung zu organisieren. Wenn dies nicht geschehe, müsse Großbritannien bis zum 12. April eine überzeugende Alternative präsentieren oder dann ohne Abkommen aus der EU austreten.

EU redet nicht mehr viel, sie handelt

Die Europäische Union scheint es leid zu sein, die ganzen Abstimmungen und abgesagten Abstimmung noch weiter zu kommentieren. Stattdessen treibt sie die Vorbereitungen auf einen chaotischen Brexit weiter voran. Die EU-Kommission veröffentlichte am Montag dazu neues Informationsmaterial für Bürger. Darin ist beispielsweise beschrieben, was im Fall der Fälle bei Reisen ins Vereinigte Königreich beachtet werden muss. Es werde immer wahrscheinlicher, dass es zu einem Brexit ohne Austrittsabkommen komme, sagte eine hohe EU-Beamtin am Montag zu den Vorbereitungen.

Harter Brexit wohl die einzige Lösung

Eigentlich will ihn keiner, aber er kommt immer näher. Theresa May scheint sich gegen alles zu sperren was nicht der von ihr ausgehandelte Vertrag mit der EU ist. Neuwahlen oder ein zweites Referendum schließt sie kategorisch aus und an Alternativen zum bisherigen Deal fühlt sie sich rechtlich nicht gebunden. Tja, was bleibt da noch übrig? Der harte Schnitt zwischen der EU und Großbritannien und nichts weiter.

Von Markus Weingran

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Bild: lazyllama / Shutterstock.com

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