Elektrokonzern ABB rechnet mit Schub dank Energiewende
Zürich (Reuters) - Der Elektrotechnikkonzern ABB erwartet in den kommenden Jahren von Megatrends wie der Elektrifizierung und dem Personalmangel in vielen Bereichen kräftigen Rückenwind.
"Wir denken, dass es ein guter Zeitpunkt ist, das Wachstum zu beschleunigen", erklärte Konzernchef Björn Rosengren am Donnerstag. Entsprechend hob er die Messlatte an. Über den Konjunkturzyklus peilt das Schweizer Unternehmen nun durchschnittlich ein Umsatzwachstum von sechs bis neun Prozent an. Bisher hatte sich der Hersteller von Robotern, Antrieben und Elektro-Ladestationen ein Plus von vier bis sieben Prozent vorgenommen.
"Ich bin viel unterwegs und treffe Kunden in der ganzen Welt", sagte der Schwede auf einem Investorenanlass südlich von Rom. "Wenn sie auch nur die Hälfte ihrer Pläne umsetzen, wird das fantastisch für ABB." Dabei gehe es nicht nur um neue grüne Technologien. Auch traditionsreiche Branchen müssten sich verändern, um morgen noch relevant zu sein. Der angelaufene Umbau hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft lasse sich aber nicht mehr umkehren, selbst wenn Politiker dies versuchten. "Die Unternehmenswelt hat entschieden." Ein anderer langfristiger Trend seien demographische Veränderungen wie die Alterung der Bevölkerung. Mit Automatisierung könne dem Personalmangel begegnet werden.
Trotz des unsicheren konjunkturellen Umfeldes hatten sich jüngst auch andere Branchenvertreter vorsichtig zuversichtlich gezeigt. Der Münchner Technologiekonzern Siemens will im neuen Geschäftsjahr 2023/24 (per Ende September) den Umsatz um vier bis acht Prozent steigern. Die französische Schneider Electric erwartet zwischen 2023 und 2027 ein organisches Umsatzwachstum von sieben bis zehn Prozent.
"NEUE ÄRA"
Neben den Markttreibern sei auch ABB selbst nun für ein stärkeres Wachstum gerüstet. Rosengren hatte den Konzern unter anderem mit einer Dezentralisierung und den Verkauf einer Reihe von Geschäften umgekrempelt. Die neue Umsatzvorgabe setze sich aus einem Wachstum aus eigener Kraft von fünf bis sieben Prozent sowie akquisitionsgetriebenem Wachstum von ein bis zwei Prozent zusammen. Nachdem der Zürcher Konzern 2022 und 2023 jeweils vier Gesellschaften gekauft habe, peile ABB nun jährlich fünf bis zehn Transaktionen an. Dabei fasse der Konzern auch größere Deals als zuletzt ins Auge. "Wenn Sie mich vor zwei Jahren gefragt hätten, ob wir etwas größere Akquisitionen tätigen werden, hätte ich wahrscheinlich nein gesagt", erklärte Rosengren. "Wenn Sie mich heute fragen, würde ich sagen; vielleicht."
Die operative Ergebnismarge (Ebita) solle neu 16 bis 19 Prozent statt wie bisher mindestens 15 Prozent erreichen. Dieses Ziel hatte ABB bereits 2022 geschafft. Zumindest das untere Ende der Zielspanne wirke konservativ, erklärte Vontobel-Analyst Mark Diethelm. Damit schaffe ABB die Voraussetzungen, die Vorgaben zu übertreffen. "Insgesamt signalisieren die neuen Ziele, dass ABB in eine neue Wachstumsära eintritt." An der Börse kletterten ABB bis am Mittag um 2,2 Prozent.
(Bericht von Oliver Hirt, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)