Deutschland stimmt Klimaauflagen für Lkw doch noch zu

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- von Markus Wacket

Berlin/Brüssel (Reuters) - Die Ampel-Koalition hat sich doch noch in letzer Minute bei den EU-Klimavorgaben für Lkw verständigt.

Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) gab am Freitag seinen Widerstand nach einem Kompromiss kurz vor der entscheidenden Sitzung in Brüssel auf. Danach soll die EU-Kommission noch eine eigene Lkw-Kategorie für Laster schaffen, die mit synthetischem Kraftstoff (E-Fuel) fahren können. Vertreter der Mitgliedsstaaten billigten das Ergebnis noch am Freitag. Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) zeigte sich erleichtert: "Ich bin froh, dass wir trotz der Irritationen der letzten Tage nun zu einem vernünftigen Ergebnis gekommen sind". Er entspreche im Kern der früheren Einigung und gebe den LKW-Herstellern nun Planungssicherheit.

Ein EU-Konzept vom Januar sah auch mit dem Ja Deutschlands vor, dass neue Lkw ab 2040 verglichen mit 2019 dann 90 Prozent weniger CO2 ausstoßen sollen - genauer müssen 90 Prozent emissionsfrei und damit vorwiegend elektrisch oder mit grünem Wasserstoff fahren. Die übrigen zehn Prozent könnten noch mit Diesel betrieben werden. Wissing hatte dann überraschend kurz vor der formalen Abstimmung gefordert, dass klimaneutrale sogenannte E-Fuels angerechnet werden können. Ohne eine Einigung in der Regierung hätte sich Deutschland enthalten müssen, was wie eine Nein-Stimme wirkt. Italien wollte das Vorgehen unterstützen. Zusammen mit einigen osteuropäischen Staaten gäbe es dann eine Sperrminorität.

DRITTE FDP-BLOCKADE BEI EU IN EINEM JAHR

Wissing sagte weiter: "Lkw und Busse, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden, können unbefristet zugelassen werden." Dies habe man erfolgreich durchgesetzt. Der Verkehrsminister handelte ähnlich wie vor einem Jahr, als er die Flottengrenzwerte und das Verbrenner-Aus ab 2035 blockierte. Auch damals setzte sich Wissing für E-Fuels ein. Das Verbrenner-Aus wurde letztlich dennoch beschlossen. Eine eigene E-Fuels-Kategorie bei den Pkw, wie von Wissing angepeilt, ist dagegen weiter offen. Die Lösung im Streit mit Wissing ist jetzt ähnlich: Erneut soll in einer Fußnote, einem sogenannten Erwägungsgrunde, eine Sonder-Kategorie für E-Fuels angeregt werden. Dies soll die Kommission nun technisch umsetzen.

Zuletzt hatten die FDP-Minister in der Regierung zudem eine Einigung auf das EU-Lieferkettengesetz blockiert, die Abstimmung an diesem Freitag musste daher verschoben werden. Anders als bei diesem Gesetz hatte Wissing diesmal jedoch wenig Unterstützung aus der Wirtschaft. Im Gegenteil: Der Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) hatte sich bereits für ein Ja zum Kompromiss ausgesprochen und auch auf die Planungssicherheit verwiesen. Bei einer vom Kanzleramt organisierten Runde am Donnerstag mit der Industrie hatten sich praktisch alle Hersteller für ein Ja ausgesprochen. Auch bei den Zulieferern zeigte sich eine Mehrheit zufrieden mit dem EU-Vorschlag.

Der Verband der Automobilindustrie erklärte entsprechend am Freitag: "Die heutige Entscheidung in Brüssel, noch in dieser Legislaturperiode eine Einigung herbeizuführen und somit für Planungssicherheit zu sorgen, ist richtig", sagte ein Sprecher. Die Vereinbarung müsse nun schnell und verbindlich umgesetzt werden.

Kritisch für das Vorhaben war, dass die EU angesichts der bevorstehenden Wahlen im Juni nur noch wenig Zeit für einen neuen Kompromiss hätte. Die Flottengrenzwerte für Lkw sind ein zentraler und einer der letzten Bausteine des EU-Klimaschutzpakets "Fit-for-55".

(Unter Mitarbeit von Kate Abnett, redigiert von Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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