IG Metall zeigt Thyssenkrupp-Chef die Rote Karte

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- von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz

Düsseldorf/Frankfurt (Reuters) - Kurz vor der erwarteten Vertragsverlängerung von Thyssenkrupp-Chef Miguel Lopez geht die IG Metall zu dem umstrittenen Vorstandschef auf Konfrontationskurs.

"Aus heutiger Sicht werde ich nicht für eine Verlängerung stimmen und das ist auch das Signal der IG Metall insgesamt", sagte der Vize-Chef der Gewerkschaft und stellvertretende Aufsichtsratschef des Konzerns, Jürgen Kerner, in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters. "Über eine Vertragsverlängerung sollte erst gesprochen und entschieden werden, wenn die betreffende Person geliefert hat." Das sei bei Lopez nicht der Fall. Die Stahlsparte brauche ein Zukunftskonzept. Da habe sich aber seit über einem Jahr nichts getan. Ein Thyssenkrupp-Sprecher verwies auf Aussagen von Lopez am vergangenen Wochenende, wonach eine Restrukturierung des Stahlbereichs Priorität habe.

Der Aufsichtsrat von Thyssenkrupp kommt am Freitag zusammen. Dabei geht es Insidern zufolge um die Pläne für eine Verselbstständigung der Marinesparte und um eine Verlängerung des Vertrags von Lopez. Dieser hatte vor zwei Jahren die Führung des kriselnden Traditionskonzerns übernommen. Bei dem geplanten Umbau des Unternehmens ist er immer wieder mit den Arbeitnehmervertretern in Konflikt geraten. Diese werfen ihm unter anderem mangelnde Transparenz vor, was Lopez zurückweist. Um seine Vertragsverlängerung muss er aber kaum fürchten, da bei einer Pattsituation Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm mit seiner Doppelstimme eine Mehrheit für Lopez erzielen kann. Dass ein stellvertretender Aufsichtsratschef gegen eine Vertragsverlängerung des Vorstandsvorsitzenden stimmt, dürfte in Deutschland Seltenheitswert haben.

MISSTRAUEN AUF BEIDEN SEITEN

Kerner stellt sich darauf ein, dass er noch längere Zeit mit Lopez zu tun hat. "Herr Lopez und ich können einerseits professionell zusammenarbeiten. Aber ich glaube, dass wir auf beiden Seiten inzwischen ein grundlegendes Misstrauen haben", sagte der 56-jährige Gewerkschafter, der seit 2020 Mitglied des Kontrollgremiums von Thyssenkrupp ist und auch bei Siemens, Siemens Energy und Traton den Managern auf die Finger schaut.

Lopez will die Stahlsparte in ein 50:50-Joint-Venture mit der Energieholding des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky führen. 20 Prozent hat dieser bereits erworben. Auch bei ihm lässt Kerner seine Samthandschuhe in der Tasche. "Wir haben Herrn Kretinsky offiziell zu Gesprächen aufgefordert, sowohl mündlich als auch schriftlich wie über WhatsApp", sagt der Gewerkschafter. "Wir bekommen immer sehr freundlich die Antwort, dass er zum geeigneten Zeitpunkt mit uns zwar reden möchte, aber aktuell nicht aussagefähig ist." Das sei nicht akzeptabel. Darum bleibe der Eindruck, dass Kretinsky nicht die richtige Lösung sei. Von Kretinsky war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Kerner setzte nach: "Am Schluss wird Herr Kretinsky, sobald er die Mehrheit am Stahl besitzt, die Hand aufhalten und mit Verweis auf Arbeitsplätze und Resilienz von Bundes- und Landespolitik Unterstützung verlangen." Das sei der falsche Weg. Stattdessen sollte man die Möglichkeit einer Stiftungslösung prüfen, in Anlehnung an die Stahlindustrie im Saarland. Die Politik scheine dafür offen zu sein. Zu der bei Thyssenkrupp immer wieder diskutierten Frage, wo im Fall einer Abspaltung des Stahlgeschäfts die hohen Pensionsverpflichtungen von derzeit 5,5 Milliarden Euro bleiben, bezieht Kerner klar Stellung: "Meine Erwartung ist, dass für die Pensionen die Thyssenkrupp AG bei einer Verselbstständigung aufzukommen hat."

(Bericht von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz, redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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