Regierungssturz in Frankreich kein Stolperstein für Europas Börsen

Frankfurt (Reuters) - Der Sturz der französischen Regierung hat die Anleger an den europäischen Aktienmärkten nicht aus dem Tritt gebracht.
Der EuroStoxx50 zeigte sich am Dienstag stabil bei 5370 Punkten. Der französische Leitindex CAC 40 legte sogar knapp ein halbes Prozent zu. Dagegen gab der Dax in Frankfurt nach einem stabilen Start im Handelsverlauf rund ein halbes Prozent auf 23.720 Punkte nach. Die Abwahl der Regierung in Frankreich sei weitgehend eingepreist gewesen, weshalb eine stärkere Reaktion am Aktien- und Anleihemarkt zunächst ausblieb, sagte RoboMarkets-Stratege Jürgen Molnar. "Allerdings sollten Anleger die langfristigen, politischen Risiken für die Finanzmärkte nicht unterschätzen." Ohne Einsparungen drohen Frankreich Börsianern zufolge Herabstufungen der Kreditwürdigkeit.
"Mit der nun startenden politischen Hängepartie wird das Schuldenproblem der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone nicht kleiner", sagte Jochen Stanzl, Analyst beim Broker CMC Markets. Dennoch fänden die im Fokus stehenden Staatsanleihen weiter Käufer. "Das strahlt die notwendige Ruhe aus, um den Dax nach seinem Absturz weiter zu stabilisieren." Allerdings zeigten sich Investoren am Anleihemarkt zunehmend angespannt. Der Risikoaufschlag für französische zehnjährige Anleihen im Vergleich zu deutschen Bundesanleihen stieg um sechs Basispunkte. Die Unsicherheit über die Haushaltsstabilität Frankreichs hatte vergangene Woche zu einem Ausverkauf von Eurozonen-Anleihen geführt.
Spätestens am Freitag könnten die Märkte aufgeschreckt werden, wenn die Ratingagentur Fitch ihre Bonitätsbewertung für Frankreich bekannt gibt. Es bestehe das Risiko einer Herabstufung, sagte UBS-Stratege Kiran Ganesh. "Aber selbst wenn es nicht dazu kommt, wird Frankreich seine Schuldenkrise wahrscheinlich nicht in den Griff bekommen." Wie erwartet verlor der französische Ministerpräsident Francois Bayrou am Montagabend eine Vertrauensfrage im Parlament, die er selbst im Streit über Einsparungen im Haushalt des hoch verschuldeten Euro-Landes gestellt hatte. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron muss sich nun erneut einen neuen Regierungschef suchen.
WELLE VON FUSIONSABKOMMEN
Kaufimpulse lieferte hingegen eine 50-Milliarden-Dollar-Fusion. Die Aktien von Anglo American sprangen um zehn Prozent in die Höhe, nachdem der Bergbaukonzern einen Zusammenschluss mit dem kanadischen Konkurrenten Teck Resources im Volumen von mehr als 50 Milliarden Dollar angekündigt hatte. Die beiden Unternehmen betreiben benachbarte Kupferminen in Chile. Die Kupfer-Nachfrage wird durch den Zuwachs bei Elektroautos und den wachsenden Bedarf bei KI-gestützten Rechenzentren angetrieben.
In Italien stiegen die Papiere von Monte dei Paschi di Siena zeitweise um mehr als fünf Prozent. Die Bank sicherte sich Daten zufolge 62 Prozent am Übernahmeziel Mediobanca, deren Aktien ebenfalls in der Spitze um fünf Prozent zulegten. Der Schweizer Pharmariese Novartis will für 1,4 Milliarden Dollar die US-Biotechfirma Tourmaline kaufen.
Für Unterstützung sorgten zudem die steigenden Erwartungen einer Zinssenkung durch die US-Notenbank Fed in der kommenden Woche. Nach einem schwachen US-Arbeitsmarktbericht vom Freitag preisen die Märkte eine Zinssenkung um 25 Basispunkte vollständig ein und sehen auch die Möglichkeit für einen größeren Schritt um 50 Basispunkte. Diese Aussicht drückte den Dollar auf ein Sieben-Wochen-Tief und verhalf dem Goldpreis zum nächsten Rekordhoch. In der Spitze verteuerte sich das Edelmetall um 0,7 Prozent auf 3659,10 Dollar je Feinunze. Seit Jahresanfang hat der Goldpreis um fast 39 Prozent zugelegt.
(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)