Frankreichs scheidender Ministerpräsident sieht Weg aus Krise

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Paris (Reuters) - In Frankreichs Regierungskrise stehen die Zeichen vorerst auf Entspannung: Der Elysee-Palast teilte am Mittwochabend mit, Präsident Emmanuel Macron werde binnen 48 Stunden einen neuen Ministerpräsidenten ernennen.

Der am Montag zurückgetretene Regierungschef Sebastien Lecornu hatte kurz zuvor im Fernsehen gesagt, eine Auflösung der Nationalversammlung erscheine derzeit unwahrscheinlicher. Das habe er nach Sondierungsgesprächen mit Vertretern anderer Parteien am Abend Macron mitgeteilt. Er gehe davon aus, dass die Situation es Macron erlaube, binnen der nächsten 48 Stunden einen neuen Ministerpräsidenten zu ernennen. Er selbst stehe dafür aber nicht zur Verfügung.

Lecornu war am Montag nur Stunden nach Vorstellung seines Kabinetts zurückgetreten, führt aber noch die Regierungsgeschäfte. Von Macron wurde Lecornu noch nach seinem Rücktritt beauftragt, die schwerste politische Krise in Frankreich seit Jahrzehnten in den Griff zu bekommen. Er beriet mit Vertretern der Mitte-Links- und Mitte-Rechtsparteien. Marine Le Pen vom weit rechten Rassemblement National (RN) hatte Gespräche und Kompromisse abgelehnt, auch die extreme Linke winkte ab. Beide extremen Lager hatten diese Woche Macron gedrängt, Neuwahlen auszurufen oder selbst zurückzutreten. Doch Unmut machte sich auch in der politischen Mitte über die Zusammensetzung des neuen Kabinetts breit, was Lecornu zum Rücktritt bewog.

In Frankreich wird der Präsident direkt gewählt, der dann einen Ministerpräsident ernennt. Lecornu ist bereits der fünfte Regierungschef in weniger als zwei Jahren. Seit Macrons Wiederwahl 2022 ist die politische Lage von Instabilität geprägt, die der Präsident mit der von ihm 2024 angesetzten vorgezogenen Parlamentswahl verstärkte: Seither ist die Nationalversammlung noch stärker zersplittert.

Lecornu erklärte, die Bildung einer neuen Regierung sei nach den Erkenntnissen seiner jüngsten Sondierungen noch möglich. Der Endspurt dorthin könnte aber schwierig werden. Das größte Problem in der gegenwärtigen Krise sei der Rentenstreit. Die Regierung strebt eine Anhebung des Renteneintrittsalters an. Darüber hinaus muss im Haushaltsstreit schnell eine Lösung für das hoch verschuldete Land - die nach Deutschland zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone - gefunden werden. Gestritten wird auch über eine von den oppositionellen Sozialisten geforderte Vermögenssteuer.

Sollte Macron erneut einen Ministerpräsidenten aus seinem eigenen Lager ernennen, wäre der Widerstand vor allem der Sozialisten groß. Parteichef Olivier Faure sagte, er wolle zwar bei der akuten Bewältigung der Krise helfen. Aber seine Partei wolle die nächste Regierung anführen.

Hoffnungen auf eine Lösung der politischen Krise stützen am Mittwoch die europäischen Börsen. Laut Jens Klatt, Analyst vom Broker XTB, spekuliert man am Aktienmarkt, dass es unter einem linken Ministerpräsidenten zu einer ähnlichen Lockerung der Fiskalpolitik wie in Deutschland kommen könnte. "Das ist positiv für Aktien und schwächt den Euro."

(Bericht von Elizabeth Pineau, Dominique Vidalon und Benoit Van Overstraeten. Geschrieben von Elke Ahlswede, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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