Blockchain: Haben Börsenplätze bald ausgedient? – Erster „Krypto-Börsengang“ in Europa läuft!

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Müssen sich die internationalen Börsenplatzbetreiber sorgen machen? Vielleicht! Das Lichtensteiner Unternehmen edeXa führt gerade eine ganz neue Form eines europäischen „Börsengangs“ durch. Ein bekannter Börsenplatz spielt dabei keine Rolle. Das Unternehmen führt ein Security Token Offering, kurz STO, durch.

Was ist ein Security Token Offering?

Ein STO ist so etwas wie ein „Krypto-Börsengang“, da die Absicht hinter dem Verfahren einem IPO stark ähnelt. Ein Security Token Offering lässt ein Unternehmen Kapital von Investoren einzusammeln. Diese bekommen im Gegenzug aber keine Aktien, sondern sogenannte Security Tokens. Anteilsscheine einer Firma, die digital in einer Blockchain gespeichert werden. Wie bei einem klassischen Börsengang muss ein STO von der Finanzaufsicht zugelassen werden. Im Fall von edeXa ist das durch die entsprechende Behörde in Lichtenstein geschehen.

Unterschied zu Initial Coin Offering (ICO)

ICO oder auch Initial Public Coin Offering (IPCO) ist eine unregulierte Methode des Crowdfundings, die von Firmen verwendet wird, deren Geschäftsmodell auf Kryptowährungen basiert. Mit dieser Methode der erstmaligen Kapitalaufnahme vermeiden Kryptowährungs-Firmen den streng regulierten Prozess der Kapitalaufnahme, der von Risikokapitalgebern, Banken oder Börsen vorgeschrieben wird. In einem Initial Coin Offering wird ein Anteil einer neu emittierten Kryptowährung an Anleger verkauft im Austausch gegen staatlich emittierte Währungen oder gegen andere Kryptowährungen wie bspw. Bitcoin.

Im Gegensatz dazu müssen Security Token mit etwas Greifbaren verbunden werden, wie zum Beispiel Vermögenswerte, Gewinne oder Einnahmen des Unternehmens. Im Grunde genommen können dies alle Finanzprodukte eines Kapitalmarktes sein. Da die amerikanische Börsenaufsicht auf eine immer stärkere Regulierung von ICOS drängt, weichen immer mehr Unternehmen auf Security Token aus.

Wo liegen die Vorteile?

Für viele kleinere Unternehmen ist die Kapitalbeschaffung über Security Token einfacher und deutlicher kostengünstiger als ein klassisches IPO. Zudem dürfte das Unterlegen mit realen Finanzwerten wesentlich mehr Vertrauen erzeugen, als dies bei Krypto-Währungen der Fall ist, die zusätzlich durch den kräftigen Kurssturz im vergangenen Jahr zu kämpfen haben.

Welche Nachteile gibt es?

Security-Token sind eine relativ neue Spielwiese. Zum großen Teil wird auf die neue Form auch ausgewichen, da bei ICOS die Regulierungsbehörde sehr stark am Werke sind. Bei STOs ist das noch nicht der Fall. In Deutschland kommt das Thema zum Beispiel gerade erst auf und in welchem Rahmen die Bafin hier zuständig ist bzw. regulieren kann, ist noch unklar.

Zudem gibt es international noch keinen Zweitmarkt für STOs. Somit besteht aktuell nur eine Beziehung zwischen dem Herausgeber des STOs und dem Käufer. Allerdings rechnen Experten damit, dass dieser Nachteil schon im Laufe des Jahres wegfallen könnte. Angeblich arbeiten in der Schweiz, Großbritannien und in den USA schon verschiedene Stellen an einem Handelsplatz für STOs. Dann könnte aus diesem Nachteil ein großer Vorteil werden, da Investoren dann nur noch eine „digitale Geldbörse“, ein Wallet, in der Blockchain benötigen, um mit STOs zu handeln. Was auch kostengünstiger wäre, als Aktien über einen Broker zu handeln.

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Siegeszug nicht ausgeschlossen

Philipp Sandner, Professor am Blockchain Center der Frankfurt School of Finance & Management geht davon aus, dass sich STOs in den kommenden Jahren immer mehr durchsetzen werden, wie er BörseARD verriet: „Überspitzt gesagt werden die STOs in einigen Jahren die Deutsche Börse ablösen, das Geschäft von Aktien-Verwahrgesellschaften wie Clearstream kaputt und den Kapitalmarkt zu einem Drittel dicht machen.“

Wie funktioniert das jetzt bei edeXa mit den STOs?

Das Start-Up Unternehmen hat für 150.000 Schweizer Franken Aktien ausgegeben. Davon gingen Anteilscheine in Höhe von 50.000 Franken an den Mutterkonzern io-market. Die restlichen Aktien verteilen sich auf insgesamt 100 Millionen Token. 10 dieser digitalen Gutscheine stellen eine stimmrechtslose Aktie dar. In einer ersten Phase können jetzt Security Token im Wert von 5 Millionen Euro über die Internetseite des Unternehmens erworben werden. Die Summe ist bewusst gewählt worden, da man so im Europäischen Wirtschaftsraum nicht unter das Wertpapier-Prospektgesetz fällt, was bei mehr als 5 Millionen Euro greifen würde.

Was macht edeXa?

Kurz gesagt: edeXa ermöglicht es seinen Kunden ihre Geschäftsbeziehungen über die Blockchain-Technologie abzuwickeln. Dazu gehört unter anderem das fälschungssichere Ablegen elektronischer Rechnungen. Eine nachträgliche Manipulation von Dokumenten würde von Dutzenden von dezentralen Servern sofort erkannt und verhindert werden. Diese hohe Sicherheit ohne zentrale Intermediäre gehört zu den besonderen Vorteilen der modernen Blockchain-Technologie.

Das angebotene System ist zudem kosteneffizienter und umweltfreundlicher, da zum Beispiel Rechnungen bei der Benutzung der Blockchain-Technologie nicht mehr ausgedruckt, sondern zwischen den Firmen elektronisch ausgetauscht werden. Bestellungen, Rechnungen sowie alle begleitenden Mitteilungen können in Zukunft effizient über das Netzwerk von edeXa ausgetauscht werden. Die Technologie erspart zusätzlich, dass kein externer Dienstleister diese Prozesse mehr überwachen muss, sondern das Netzwerk auf eingebaute, dezentrale Sicherheitsmechanismen setzt. Ein nachträglicher Eingriff in die Dokumente ist somit technisch nicht mehr möglich. Externe Softwarehersteller und Dienstleister können außerdem Ihre Leistungen auf der edeXa Blockchain integrieren und den Kunden anbieten.

Frisches Kapital für Expansion

Auf der Internetseite ist genau beschrieben, wie edeXa das frische Kapital einsetzen will. Hier sind keine Unterschiede zu einem herkömmlichen Börsengang zu erkennen. Das Kapital soll für Forschung, Entwicklung, Vertieb und Marketing eingesetzt werden. 2020 plant edeXa laut Homepage den Eintritt in den Massenmarkt mit seinen Blockchain-Lösungen.

Risiko noch nicht einschätzbar

Das Geschäftsmodell von edeXa hört sich interessant an, doch wann das Startup-Unternehmen in der Lage sein wird Gewinne zu erwirtschaften und diese an die Besitzer der Security Token ausschütten kann, ist aktuell schwer einzuschätzen. Ohne Zweitmarkt, der eventuell dieses Jahr noch kommen könnte, kann eine solche Anlage noch nicht wirklich viel Fantasie entfalten und muss daher als ein eher langfristiges Investment angesehen werden.

Gefahr für Börsenplätze, Banken und Broker?

Trotz einiger Risiken könnten STOs zu einer echten Alternative zum Börsengang werden. Am Anfang zumindest für kleinere Unternehmen. Für große Konzerne, die auch ein Stück weit vom Rampenlicht der bekannten Börsenplätze leben, ist dieser Weg sicherlich aktuell noch nicht interessant. Aber auch das könnte sich ändern, wenn der Bekanntheitsgrad von STOs steigt. Wie sehr dann die regulierenden Behörden eingreifen ist abzuwarten. Trotzdem könnte die Blockchain-Technologie auf diesem Weg Börsenplatzbetreibern, Banken und zum Teil auch Brokern das Leben schwer machen. Von daher sind die großen Player der Branche gut beraten die Entwicklung von Security Tokens gut zu beobachten und sich im Fall der Fälle rechtzeitig zu positionieren. Das internationale Kapital sucht sich gerne immer wieder neue aussichtsreiche Spielplätze. Da ist es durchaus nicht auszuschließen, dass STOs Bitcoin und Co ablösen.

Von Markus Weingran

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Bild: Peshkova / Shutterstock.com

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