Facebook: „Libra kommt vielleicht niemals“ – Kleinlaute Töne nach dem Alleingang, der die Währungshüter weltweit in Aufruhr versetzt hat
Facebooks massiver und vor allem ohne große Vorwarnung kommender Vorstoß in die Welt der Kryptowährungen mit dem hauseigenen Libra-Coin hat ein weltweites Echo erzeugt, das sich gewaschen hat. Politiker und Regulatoren hat es in helle Aufruhr versetzt und den Bitcoin-Preis hat der ganze Medien-Rummel rund um das Thema auf ein Jahreshoch von knapp 14.000 Dollar geschossen.
Doch so langsam scheint die Realität dem Projekt doch etwas den Wind aus den Segeln zu nehmen, denn die US-Behörden haben nach anfänglicher Schockstarre hart reagiert. Anfang des Monats wurde David Marcus, der Leiter des Projekts, von den US-Senatoren in die Mangel genommen und musste sich den unbequemen Fragen, vor allem bezüglich der Privatsphäre und der allgemeinen Nutzerrechte, stellen.
Die Vorarbeit war eigentlich gut durchdacht…
Im Grunde hat Facebook sein Projekt wohl überlegt und taktisch klug aufgezogen. Das Libra-Ökosystem soll über eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in der Schweiz laufen, in dem alle Unternehmen, die Teil des Ökosystems sein wollen, mit gleichen Rechten und gleichen Verantwortlichkeiten integriert werden. Facebook ist also nicht der Schirmherr und somit auch nicht alleinige Angriffsfläche des Projektes. Im Kern also durchaus eine Aufstellung, die Züge eines Alleingangs kontra die traditionellen Aufsichtsbehörden impliziert.
… aber der Widerstand nach Veröffentlichung war trotzdem zu hoch
Doch im Zuge der Veröffentlichung hat man seitens Facebook direkt betont, dass man intensiv mit den Behörden zusammenarbeiten wolle und Libra nicht ohne das grüne Licht der Regulatoren auf den Markt bringen will.
Jetzt kommen noch kleinlautere Töne seitens des Social-Media-Giganten, denn im letzten Quartalsbericht hieß es, dass die Anleger sich darüber im Klaren sein sollten, dass die Kryptowährung trotz geplantem Start im Sommer 2020 vielleicht niemals das Licht der Welt erblicken wird.
Laut CNBC hat das Unternehmen die Bedeutung der Besorgnis anerkannt, die von Gesetzgebern und Aufsichtsbehörden ausgeht. In seiner Einreichung bei der SEC erklärte Facebook:
„Libra wurde von Regierungen und Aufsichtsbehörden in mehreren Gerichtsbarkeiten einer eingehenden Prüfung unterzogen, und wir gehen davon aus, dass diese Prüfung fortgesetzt wird. Darüber hinaus ist die Marktakzeptanz dieser Währung mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. Daher kann nicht garantiert werden, dass Libra oder unsere zugehörigen Produkte und Dienstleistungen rechtzeitig oder überhaupt verfügbar sind. Wir verfügen über keine wesentlichen Vorkenntnisse in Bezug auf digitale Währungs- oder Blockchain-Technologien, die sich negativ auf unsere Fähigkeit auswirken könnten, diese Produkte und Dienstleistungen erfolgreich zu entwickeln und zu vermarkten.“
Kleinlautere Töne aus dem Hause Facebook
Projektleiter David Marcus betonte zwar zuletzt, dass Libra eine effizientere, kostengünstigere und sicherere alternative Zahlungsmethode sein wird. Facebook hat jedoch auch teilweise zugegeben, dass es Daten von Transaktionen sammeln würde, um seine Werbung besser auszurichten. Das war einer der Kritikpunkte seitens der Regierung. CEO-Mark Zuckerberg räumte zudem ein, dass die Vorgehensweise der Veröffentlichung ein Alleingang gewesen wäre. Er fügte hinzu, dass sie den Zeitraum bis zur Veröffentlichung solange hinauszögern würden, bis alle Fragen von öffentlicher Seite geklärt wären. Eine andere Wahl dürfte Facebook auch kaum haben.
Den Bitcoin hat dieser jüngste Rückzieher eher wenig gestört. Nachdem er in den letzten Tagen seine 10.000er Marke wieder hergeben musste, steht er heute mit einem leichten Plus von 0,5 Prozent wieder etwas über 9550 Dollar.
Lesen Sie auch: Ist Facebooks Kryptowährung Libra gut oder schlecht für den Bitcoin?
Von Alexander Mayer
Titelfoto: Cryptographer / Shutterstock.com
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