Prozess gegen Ex-Wirecard-Chef beginnt mit Verspätung

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München (Reuters) - Zweieinhalb Jahre nach der spektakulären Pleite des Finanzkonzerns Wirecard hat vor dem Landgericht München der Strafprozess gegen den ehemaligen Vorstandschef Markus Braun begonnen.

Der Vorsitzende Richter Markus Födisch eröffnete die Verhandlung am Donnerstagmorgen mit einer Dreiviertelstunde Verspätung im Gerichtssaal im Münchner Gefängnis Stadelheim. Die Einlasskontrollen hätten länger gedauert als gedacht, erklärte Födisch die Verzögerung. Auf der Anklagebank sitzen neben Braun der frühere Statthalter von Wirecard in Dubai, Oliver Bellenhaus, und Chefbuchhalter Stephan von Erffa. Neben ihnen nahmen insgesamt zwölf Verteidigerinnen und Verteidiger Platz.

Der 53-jährige Braun betrat aus einer Seitentür, die zum angrenzenden Gefängnis führt, schweigend den Gerichtssaal und nahm neben seinen vier Verteidigern Platz. Der Österreicher trug einen dunklen Rollkragenpullover und ein dunkles Sakko. Er hatte einen Laptop in der Hand. Es ist sein erster öffentlicher Auftritt seit mehr als zwei Jahren. Braun kam nach dem Zusammenbruch von Wirecard im Sommer 2020 in Untersuchungshaft. Im November desselben Jahres wurde er im Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestags als Zeuge befragt.

Auf den Zuschauerplätzen im Gerichtssaal saßen mehrere Dutzend Journalisten und andere Beobachter. Es blieben allerdings einige Plätze frei. Zehntausende Wirecard-Aktionäre hatten mit der Insolvenz mehr als 20 Milliarden Euro verloren, Banken und andere Gläubiger blieben auf mehr als drei Milliarden Euro sitzen.

In einem der größten Finanzskandale der deutschen Geschichte wirft die Staatsanwaltschaft den Angeklagten Bilanzfälschung, Marktmanipulation, Untreue und gewerbsmäßigen Bandenbetrug vor. Staatsanwalt Matthias Bühring und zwei seiner Kollegen begannen am Donnerstag mit der Verlesung der Anklage. Das soll rund fünf Stunden dauern. Die Anklageschrift umfasst mit allen Dokumenten 474 Seiten.

Danach ist eine erste Stellungnahme von Brauns Verteidiger Alfred Dierlamm vorgesehen. Er hat die Vorwürfe bereits früher zurückgewiesen. Bellenhaus gilt als Kronzeuge. Von Erffa hat zu den strafrechtlichen Vorwürfen zuletzt geschwiegen. Ein Urteil wird frühestens im übernächsten Jahr erwartet.

(Bericht von Jörn Poltz; Mitarbeit: Alexander Hübner; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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