Deutsche Industrie setzt weiter auf China

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Düsseldorf (Reuters) - Die deutsche Industrie will den Handel mit China weiter ausbauen.

"Diversifizierung bedeutet nicht, uns von China zu entkoppeln, sondern einseitige Abhängigkeiten zu verringern und idealerweise zu überwinden", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, am Montag auf der Hannover Messe. "China ist und bleibt ein zentraler Markt für deutsche Unternehmen." Es gebe einen ziemlich breiten Konsens, dass die deutsche Industrie, die deutsche Wirtschaft China brauche. Sorge bereite die Abhängigkeit bei kritischen Materialien und Komponenten. "Das ist nichts, was sich innerhalb eines Jahres umdrehen lässt."

Russwurm warnte auf der Industrieschau vor Einbußen Deutschlands im weltweiten Wettbewerb. "Die wirtschaftliche Dynamik in unserem Land ist aktuell noch ausgesprochen gering." Sein Verband rechne 2023 bei den Ausfuhren mit einen Anstieg von zwei Prozent. Dies sei zwar doppelt so viel wie in der BDI-Prognose zum Jahresauftakt, doch ein geringeres Wachstum als 2021 und 2022. Der Welthandel werde in diesem Jahr mit 2,5 Prozent stärker zulegen als die Ausfuhren "Made in Germany". "Erneut verlieren wir Weltmarktanteile, weil der Welthandel stärker wächst als unsere Ausfuhren – die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands schwindet." Die Produktion im verarbeitenden Gewerbe werde wohl 2023 um rund ein Prozent zulegen nach einem Minus von einem halben Prozent 2022.

AUCH MITTELSTÄNDLER INVESTIEREN MEHR IM AUSLAND

"Die Industrie, die massiv investieren will, benötigt für mehr Investitionen Bürokratieabbau, spürbare Steuersenkungen sowie verlässliche und bezahlbare Energieversorgung", betonte der BDI-Präsident. Der hohe Industriestrompreis müsse dringend wieder auf ein wettbewerbsfähiges europäisches Niveau zurück. Deutsche Unternehmen würden erhebliche Investitionen außerhalb Deutschlands tätigen. Dies gelte nicht nur für multinationale Konzerne, sondern auch für viele Mittelständler. Auch Familienunternehmen sagten, der Unterschied bei den Energiekosten sei zu groß.

Die deutschen Maschinenbauer zeichnen auf der Messe ein gemischtes Bild. So hätten die Unternehmen in den ersten beiden Monaten 2023 ein Produktionsplus von 3,2 Prozent erzielt, wie der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) mitteilte. 2022 hatten die Hersteller von Maschinen "Made in Germany" ein Plus von 0,5 Prozent erreicht. Der Verband bestätigte aber seine Prognose, wonach er im laufenden Jahr einen Rückgang um zwei Prozent erwarte. "Das aktuell leicht verbesserte konjunkturelle Umfeld wird sich erst zeitverzögert in Auftragseingang und Umsatz der Branche niederschlagen", sagte VDMA-Präsident Karl Haeusgen.

ARBEITSKRÄFTEMANGEL GROSSES PROBLEM IM MASCHINENBAU

Positiv sei, dass sich die Engpässe in den Lieferketten deutlich entspannt hätten. Die überwiegend mittelständisch geprägte Branche, zu der auch börsennotierte Unternehmen wie Thyssenkrupp und Siemens gehören, ist ein Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Ende vergangenen Jahres seien 1,018 Millionen Mitarbeiter in den Betrieben beschäftigt gewesen – ein Plus von 1,1 Prozent zum Vorjahr. "Viele Unternehmen hätten gern noch mehr Personal eingestellt, werden aber durch die Engpässe auf dem Arbeitsmarkt gebremst", sagte Haeusgen. Laut aktueller Umfrage sei der Arbeitskräftemangel die größte Herausforderung der Branche. Danach könnten fünf Prozent der Stellen für Fachkräfte seit sechs Monaten nicht besetzt werden. Dies wären auf der Basis von einer Million Beschäftigten rund 50.000 Arbeitsplätze.

Positive Nachrichten vermeldete die Elektro- und Digitalindustrie. Sie hob nach Zuwächsen zum Jahresauftakt ihre Prognose für das Gesamtjahr an. Die preisbereinigte, reale Produktion sei in den ersten beiden Monaten des Jahres um sechs Prozent gestiegen, wie der Branchenverband ZVEI auf der Hannover Messe mitteilte. Im Gesamtjahr werde ein Plus von ein bis zwei Prozent erwartet. Bislang hatten die Unternehmen mit Null gerechnet. Die Firmen profitierten von den Megatrends Elektrifizierung und Digitalisierung. Erstmals seit einem Vierteljahrhundert weise die Branche in Deutschland wieder mehr als 900.000 Beschäftigte aus. Insgesamt seien es knapp 902.000 Mitarbeiter.

(Bericht von Tom Käckenhoff, redigiert von Kerstin Dörr Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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