IW-Umfrage - Deutsche Firmen blicken wieder pessimistisch nach vorn

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- von Klaus Lauer

Die Perspektiven der deutschen Unternehmen haben sich einer IW-Umfrage zufolge im Sommer wieder verschlechtert.

"Die Wirtschaft schaut erneut mehrheitlich pessimistisch in die Zukunft", heißt es in einer Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) unter mehr als 2000 Firmen, die der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag vorlag. Demnach erwartet mehr als jedes dritte Unternehmen für dieses Jahr schwächere Geschäfte als 2022. "Die Aussicht auf einen konjunkturellen Aufschwung besteht derzeit nicht", erklärte das arbeitgebernahe IW. Die Mischung aus hohen Produktionskosten, geringerer Kaufkraft, hohen Zinsen und nachlassender globaler Konjunktur bremse Konsumenten und Firmen aus. "Der Krieg in der Ukraine und seine Folgen für die Weltwirtschaft entwickeln sich zu anhaltenden Belastungen für die Unternehmen und Verbraucher", sagte Studienautor und IW-Konjunkturexperte Michael Grömling.

Etwa 34 Prozent aller im Juni befragten Betriebe gehen davon aus, dass sich ihre Produktion dieses Jahr verschlechtert, nur 27 Prozent rechnen mit Besserung. Im Frühjahr 2023 waren mit 26 Prozent weitaus weniger Unternehmen pessimistisch, dafür aber 36 Prozent optimistisch. Besonders die Bauwirtschaft kämpft mit hohen Baukosten, gestiegenen Zinsen und geringerer Nachfrage. Hier überwiegt der Anteil der Pessimisten deutlich.

Vor allem die Chemiebranche hat mit schwacher Nachfrage und konjunkturellem Gegenwind zu kämpfen. Die von vielen Konzernen erwartete Erholung im zweiten Halbjahr scheint auszubleiben, etwa in China. Deshalb kassieren immer mehr Firmen ihre Ziele für dieses Geschäftsjahr ein. Nach den Spezialchemieunternehmen Lanxess, Evonik und Clariant muss auch Branchenprimus BASF nach einem schwachen zweiten Quartal Abstriche bei seinen Jahreszielen machen. Für 2023 rechnet der weltgrößte Chemiekonzern nur noch mit 73 bis 76 Milliarden Euro Umsatz sowie einem bereinigten operativen Gewinn (Ebit) zwischen 4,0 und 4,4 Milliarden.

BEI DIENSTLEISTERN LÄUFT ES BESSER - ABER STIMMUNG TRÜBE

"Sichtbar besser, aber noch lange nicht gut ist die Lage bei den Dienstleistern", erklärten die Kölner IW-Ökonominnen und Ökonomen. Fast jedes dritte Unternehmen im Service-Sektor habe positive Produktionserwartungen, nur 23 Prozent hätten negative. Grund seien eine verringerte Angst vor hohen Energiekosten sowie eine stabile Beschäftigungslage. "Doch auch hier hat sich die Stimmung insgesamt seit dem Frühjahr verschlechtert."

Besonders pessimistisch sind Betriebe etwa in Hessen, Rheinland-Pfalz oder auch in Sachsen und Thüringen. Firmen in Ostdeutschland trifft die Konjunkturschwäche laut IW härter, weil etwa der Handel mit Osteuropa gestört ist. In Baden-Württemberg belasten die hohen Energiepreise die Maschinen- und Autobauer, zudem bremst die weltwirtschaftliche Flaute. In Norddeutschland wurden zunächst größere Probleme erwartet aufgrund der engen wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland und dem Ostseeraum. "Doch ganz so schlimm wurde es nicht: Neue Flüssiggasterminals vor Ort sowie der boomende Inlandstourismus sorgen für etwas Hoffnung inmitten der Energiekrise."

Die deutsche Wirtschaft ist Ende 2022 und Anfang 2023 und damit zwei Quartale in Folge geschrumpft. Laut einer Faustregel von Fachleuten steckt Deutschland damit in einer technischen, also vorübergehenden Rezession. Allerdings rechnen immer mehr Ökonomen und Forschungsinstitute damit, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) auch im Gesamtjahr 2023 sinkt.

Im Zuge der mauen Konjunktur verschlechterte sich laut IW-Umfrage auch das Investitionsklima. Für 2023 erwarten 32 Prozent der Firmen hier höhere und 30 Prozent geringere Ausgaben als im Vorjahr. "Dabei wären Investitionen in die Klimatransformation und die Digitalisierung enorm wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes", betonte IW-Fachmann Grömling.

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