Chemieindustrie brechen Aufträge weg - VCI senkt Jahresziele

Reuters · Uhr
Quelle: (c) Copyright Thomson Reuters 2023. Click For Restrictions - https://agency.reuters.com/en/copyright.html

Frankfurt (Reuters) - Eine schwache Nachfrage und hohe Produktionskosten beuteln die deutsche Chemieindustrie.

Der Branchenverband VCI zeichnete am Freitag ein düsteres Bild für die zweite Jahreshälfte und senkte seine Prognosen deutlich. "Die Lage am Standort Deutschland ist ernst", warnte VCI-Präsident Markus Steilemann. "Anders als im Frühjahr erhofft, ist die Talsohle noch nicht durchschritten, die Nachfrage nach Chemikalien nimmt ab." Die erwarteten Wachstumsimpulse aus wichtigen Märkten wie China und den USA blieben aus. "Wir sehen keine echte Belebung in irgendeiner Art und Weise." Die Energiepreise seien zwar gesunken, lägen aber immer noch deutlich über dem Niveau vor der Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine.

Für 2023 erwartet der Verband nun einen Rückgang der chemisch-pharmazeutischen Produktion von acht Prozent, ohne das Pharmageschäft könnte sogar ein Minus von elf Prozent zu Buche stehen. Der Branchenumsatz dürfte um 14 Prozent zurückgehen. Bislang war der Verband von einem Rückgang der chemisch-pharmazeutischen Produktion von fünf Prozent und einem Umsatzminus von sieben Prozent ausgegangen. Doch die

Hoffnungen der Branche, dass nach einem milden Winter und deutlich gesunkenen Gas- und Strompreisen eine Erholung einsetzt, haben sich nicht erfüllt. Die Aufträge brechen ein. Wann er nun mit einer Erholung rechne, sagte Steilemann nicht.

Aus der Chemieindustrie hatte es zuletzt eine Reihe von Gewinnwarnungen gehagelt, etwa von Branchenprimus BASF und den Spezialchemieunternehmen Lanxess, Evonik und Clariant. "Die Zahlen für das erste Halbjahr sind rot und die Produktionskosten am Standort Deutschland nicht wettbewerbsfähig", kritisierte Steilemann und verwies auf deutliche niedrigere Industriestrompreise etwa in Frankreich, Belgien und den Niederlanden. "Dieses Klumpenrisiko aus hohen Energiepreisen und Unternehmenssteuern, schlechter

Infrastruktur, Fachkräftemangel, Digitalisierungsstau und

Bürokratiewahnsinn raubt unseren Unternehmerinnen und Unternehmern die Zuversicht."

Im ersten Halbjahr sank die chemisch-pharmazeutische Produktion um 10,5 Prozent und brach ohne das Pharmageschäft um 16,5 Prozent ein. Besonders kräftig fiel der Rückgang dabei in der energieintensiven Grundstoffchemie aus. Der Umsatz fiel binnen Jahresfrist um 11,5 Prozent auf 114 Milliarden Euro. Vom Auftragsmangel sehen sich mehr als ein Drittel der vom VCI befragten Mitgliedsunternehmen schwer betroffen. Jedes sechste Unternehmen melde Verluste, einige wenige sogar eine drohende Insolvenz. Das dürfte zu Kostensenkungen und Stellenabbau in der Branche führen, erwartet Steilemann. BASF hatte beides bereits zu Jahresbeginn angekündigt. Der weltgrößte Chemiekonzern will weltweit 2600 Stellen streichen und Anlagen schließen.

(Bericht von Patricia Weiß, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

Neueste exklusive Artikel