Thyssen, Salzgitter und Co.: Gewinnmitnahmen in Stahlwerten

(dpa-AFX) - Die vor allem seit Anfang September stark gelaufenen europäischen Stahlwerte haben am Dienstag unter Gewinnmitnahmen gelitten. Vor den am späten Nachmittag erwarteten Ankündigungen der EU-Kommission über Maßnahmen zur Unterstützung der Stahlindustrie in Europa herrscht Unsicherheit.
Besonders deutlich gaben hierzulande die Anteile von Salzgitter nach, die am Ende des Nebenwerte-Index SDax zwei Prozent auf 32,14 Euro einbüßten, nachdem sie tags zuvor bei etwas über 33 Euro den höchsten Stand seit Sommer 2023 erreicht hatten. Ihr stattliches Plus seit dem Zwischentief Anfang September bei 20,62 Euro beläuft sich trotz der aktuellen Verluste aber immerhin noch auf mehr als die Hälfte und im bisherigen Jahresverlauf hat sich der Kurs sogar nahezu verdoppelt.
Die Papiere von Thyssenkrupp gaben an diesem Dienstag um 0,7 Prozent auf 12,48 Euro nach. Ihre bereits Mitte August gestartete Rally hatte im September an Dynamik gewonnen. Tags zuvor erreichte der Aktienkurs schließlich bei knapp unter 13 Euro den höchsten Stand seit November 2019, was für den Zeitraum der vergangenen acht Wochen ein Plus von rund 60 Prozent bedeutet und seit Jahresbeginn eines von etwa 220 Prozent.
Stahlaktien hatten von EU-Beratungen profitiert
In Paris sanken Aktien von Arcelor Mittal zugleich um 1,2 Prozent auf 33,06 Euro, nachdem sie am Vortag mit knapp unter 34 Euro den höchsten Stand seit Frühjahr 2012 erklommen hatten. Der Aufwärtstrend des größten europäischen Stahlherstellers hatte im September nochmals Schwung erhalten, auch wenn er mit fast 25 Prozent nicht so deutlich ausfiel wie derjenige der deutschen Wettbewerber. Auch im bisherigen Jahresverlauf hinkt der Kursgewinn mit etwas unter 50 Prozent hinter Thyssenkrupp und Salzgitter zurück.
"In der aktuellen nachrichtenarmen Zeit werden lieber die Fakten verkauft, als auf weitere Kursanstiege zu hoffen", kommentierte Marktexperte Andreas Lipkow die Verluste der Stahlaktien an diesem Tag. "Die Eckdaten darüber, was die EU-Kommission bekannt geben wird, stehen bereits fest. Der Rest dürften allenfalls noch kleinere Abänderungen sein."
Stahlaktien seien stark gestiegen, nachdem die Europäische Union die Konsultationen über einen Aktionsplan für den Stahl- und Metallsektor gestartet habe, erklärte ein Analyst. "Die Stimmung in der Branche hat sich seither deutlich verbessert, denn die erwartete Ankündigung der EU und auch die Umsetzung des CBAM gehen offensichtlich in die richtige Richtung."
EU könnte Stahlzölle verdoppeln
Mit Hilfe des sogenannten Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM), des "CO2-Grenzausgleichsmechanismus", sollen Importeure von CO2-intensiven Gütern zur Zahlung einer Abgabe verpflichtet werden, um die Verlagerung von CO2-intensiver Produktionen in Länder mit laxeren Klimavorschriften zu verhindern. Damit will die EU gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen Produzenten in der EU und Importeuren schaffen.
Ende Juli hatte die EU-Kommission Beratungsgespräche über Maßnahmen zum Schutz des EU-Stahlsektors eingeleitet, die bis Mitte August liefen. Ziel der Konsultationen war, wie die Branche vor unlauteren Handelspraktiken und negativen Auswirkungen globaler Überkapazitäten geschützt werden könne. Die aktuellen Schutzmaßnahmen laufen im Sommer 2026 aus.
Laut dem "Handelsblatt", das sich auf einen ihm vorliegenden Gesetzesentwurf beruft, will die EU etwa die Importzölle für Stahl verdoppeln, wenn gewisse Kontingente überschritten werden. Damit soll auf die zunehmende Abschottung des US-Marktes und die wachsende Menge chinesischer Billigimporte reagiert werden./ck/nas/mis