US-Zölle bremsen Export: "Außenwirtschaft in Strudel der Abwärtsdynamik"

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Berlin (Reuters) - Die Hiobsbotschaften für die deutsche Wirtschaft reißen nicht ab: Die Exporte gingen im August um 0,5 Prozent zurück, während Experten ein Plus von 0,3 Prozent veranschlagt hatten.

Nach einem Einbruch der Produktion und einem erneuten Auftragsminus der Industrie ist dies bereits der dritte Tiefschlag für die Wirtschaft, die mit Gegenwind durch die aggressive Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump kämpft. Die meisten Ausfuhren gingen im August zwar erneut in die USA, wie aus den Daten des Statistischen Bundesamtes (Destatis) vom Donnerstag hervorgeht. Dorthin wurden aber nur noch deutsche Waren im Wert von 10,9 Milliarden Euro geliefert und damit 2,5 Prozent weniger als im Juli. Das ist der fünfte monatliche Rückgang in Folge und der niedrigste Wert seit November 2021, wie Destatis mitteilte.

"Wahrscheinlich wird sich dieser Abwärtstrend noch einige Zeit fortsetzen. Zusammen mit dem wieder stärkeren Euro spricht dies dafür, dass die Auslandsnachfrage die Konjunktur in Deutschland wohl kaum spürbar anschieben wird", so die Einschätzung von Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen.

Gegenüber dem Vorjahresmonat August 2024 nahmen die Exporte in die Vereinigten Staaten kalender- und saisonbereinigt sogar um 20,1 Prozent ab. Wegen höherer US-Zölle sind viele Exporte vorgezogen worden, nun fehlt diese Nachfrage. Seit August gelten für die meisten EU-Ausfuhren in die USA Zölle von 15 Prozent. "Die Entwicklung der Exporte in die USA ist alarmierend. Wenn die Ausfuhren um ein Fünftel gegenüber dem Vorjahr einbrechen, ist Gefahr in Verzug", betonte VP Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) ist alarmiert: "Die deutsche Außenwirtschaft befindet sich in einem Strudel der Abwärtsdynamik", sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. Besonders der drastische Rückgang der Exporte in die USA gegenüber dem Vorjahresmonat treffe die deutsche Exportindustrie knallhart.  "Statt Planbarkeit und Entlastung bedeuten die bisher erzielten Einigungen mit den USA vor allem Belastung und Unsicherheit. Gerade beim Thema Zölle auf Stahl und Stahlderivate muss dringend nachgearbeitet werden", forderte Treier.

AUCH GESCHÄFT MIT EU-STAATEN LÄUFT SCHLECHTER

Das deutsche China-Geschäft legte hingegen zu: Die Ausfuhren in die Volksrepublik stiegen um 5,4 Prozent auf 6,8 Milliarden Euro. Die Ausfuhren in die EU-Staaten sanken um 2,5 Prozent auf 72,5 Milliarden Euro. Der Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia, sieht die deutschen Ausfuhren im Sinkflug: "Seitdem die deutschen Exporte im Herbst 2022 recht luftige Höhen erreicht hatten, geht es mit den Ausfuhren nach unten." Sowohl die Höhen als auch das Sinken der Exporte seien auch ein Ergebnis der bis Anfang 2023 massiv gestiegenen Inflation und dem anschließenden Rückgang: "Der wichtigste Grund aber bleiben die strukturellen Probleme Deutschlands, die die Kostenseite belasten, also die hohen Energiepreise, Fachkräftemangel, die überbordende Bürokratie und die hohe Abgabenlast."

Auch vor diesem Hintergrund muss die Bundesregierung laut Wirtschaftsministerin Katherina Reiche über die geplanten Vorhaben hinaus weitere Strukturreformen angehen. Nach zuletzt zwei Jahren mit schrumpfender Wirtschaftsleistung rechnet die Bundesregierung 2025 mit einem mageren Wachstum von 0,2 Prozent. Auch der Ausblick für das zweite Halbjahr 2025 bleibe verhalten, sagte Reiche. Ein deutliches Minus bei der Produktion und eine Fortsetzung des Abwärtstrends bei den Industrieaufträgen hatten die Wachstumsaussichten für die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal eingetrübt.

Die Stimmung der deutschen Exporteure hat sich dennoch zuletzt leicht aufgehellt. Ein nachhaltiger Aufschwung ist aus Sicht des Ifo-Experten Klaus Wohlrabe allerdings noch nicht in Sicht. Die weltweiten Handelsströme sortieren sich derzeit neu. Die deutsche Exportwirtschaft suche noch ihre Rolle in diesem Umfeld.

(Bericht von Reinhard Becker, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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