Personalabbaukosten drücken Gewinn von Mercedes - Aktie steigt

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- von Ilona Wissenbach und Rachel More

Frankfurt (Reuters) - Der Autobauer Mercedes-Benz kämpft sich weiter durch ein Krisenjahr mit Absatzeinbruch in China, Zollerhöhungen der USA und einem erneut drohenden Halbleitermangel.

Im dritten Quartal brach das Betriebsergebnis wegen hoher Sondereffekte, etwa den Kosten des laufenden Stellenabbaus, zum Vorjahreszeitraum um 70 Prozent auf 750 Millionen Euro ein. Bereinigt um die Einmaleffekte von 1,35 Milliarden Euro schrumpfte der Gewinn wegen sinkender Verkäufe in China und wegen des US-Importzolls um 17 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro. Mercedes-Chef Ola Källenius sagte, der Dax-Konzern werde durch Sparen und das Erneuern des Modellportfolios widerstandsfähiger. Es gelte, sich an eine neue Welthandelsordnung anzupassen. "Das Tier, das sich anpassen kann, ist dasjenige, das in der Evolution überlebt und gedeihen kann." Källenius bekräftigte die Prognose für das Gesamtjahr eines deutlichen Rückgangs von Absatz, Umsatz und Vorsteuergewinn, was in Bezug auf das Ergebnis ein Minus von über 15 Prozent wäre.

Mercedes-Aktien stiegen dennoch um knapp sechs Prozent, da die Anleger vor allem auf die Rendite im Hauptgeschäftsfeld Mercedes-Benz Cars achteten. Die Schwaben hatten die Prognose dafür im Juli um zwei Prozentpunkte auf vier bis sechs Prozent gesenkt, weil bis zu zwei Prozentpunkte der Marge von höheren US-Zöllen zunichtegemacht werden. Im dritten Quartal waren es 4,8 Prozent Umsatzrendite, auch dank guter Verkäufe profitabler Top-Modelle wie S-Klasse und Maybach. Analysten hatten mit weniger gerechnet. Für Kauflaune sorgte der Start des angekündigten Aktienrückkaufs Anfang November. Zunächst werden zwei von geplanten fünf Milliarden Euro dafür ausgegeben. "Ihr liefert eindeutig, was Ihr uns versprochen habt", lobte Deutsche-Bank-Analyst Tim Rokossa.

ABFINDUNGSPROGRAMM

Finanzchef Harald Wilhelm zufolge kommt Mercedes mit dem im Februar vorgestellten Plan, die Kosten bis 2027 um fünf Milliarden Euro zu senken, gut voran. Neben Einsparungen im Einkauf, Effizienzen in Produktion und Entwicklung gehört dazu ein umfangreicher Abbau von Arbeitsplätzen in der Verwaltung. So bot das Unternehmen rund 40.000 Beschäftigten außerhalb der Produktion in Deutschland an, gegen eine Abfindung freiwillig zu gehen. Wie viele von dem "respektablen Package" Gebrauch machen, wollte Källenius nicht sagen. Nach einem Bericht des "Handelsblatt" schlugen schon rund 4000 Mitarbeitende von noch rund 115.000 Beschäftigten zu Jahresbeginn ein.

Im dritten Quartal verbuchten die Schwaben dafür 876 Millionen Euro an Restrukturierungskosten nach rund 600 Millionen Euro im zweiten Quartal. Für das Gesamtjahr erwartet Wilhelm eine Belastung von 1,5 bis 2,0 Milliarden Euro. Ab 2026 sänken dadurch die Personalkosten deutlich. "Diese Kosten oder Aufwendungen werden sich in einem Zeitraum von zwei Jahren amortisieren." Anfang nächsten Jahres werde bei Kostensenkungen wahrscheinlich nachgeschärft, weil sich die Marktlage in China mittlerweile verschlechtert habe, ergänzte Wilhelm.

HARTER WETTBEWERB IN CHINA

Nicht nur Mercedes, alle deutschen Autobauer stecken in der Krise: Auf ihrem wichtigsten Markt China werden sie bei der schnellen Umstellung der Verbraucher auf Elektroautos von heimischen Konkurrenten abgehängt. Das betrifft besonders das Premium- und Luxussegment, das Mercedes-Benz, BMW, Audi und Porsche bedienen. Die Marke mit dem Stern büßte auf ihrem wichtigsten Einzelmarkt bis Ende September mit 418.300 Verkäufen 18 Prozent Absatz ein. Källenius zufolge gibt es keine Aussicht, dass sich der Konkurrenzkampf dort entschärft. "Der Hyper-Wettbewerb in China wird so schnell nicht verschwinden." Das werde mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Die Antwort seien neue Modelle, die "in China für China" produziert werden. Sie sollen etwa in Sachen Infotainment den Geschmack der Kunden besser treffen und zu "chinesischen" Kosten, also günstiger, gebaut werden.

In den USA schmälert der gestiegene Zoll die Gewinnspannen. Per August wurde er auf 15 Prozent festgelegt. Von April bis Juli verlangten die US-Zollbehörden 27,5 Prozent statt der früher geltenden 2,5 Prozent, weil US-Präsident Donald Trump Exporte verteuert und so die heimische Wirtschaft stärken will. Bis Ende September verkaufte Mercedes sechs Prozent mehr Autos in den USA, da vor der Zollerhöhung viele Fahrzeuge zu den Händlern geliefert wurden. Die USA blieben ein Wachstumsmarkt, betonte Källenius.

In Europa bremst die schwache Konjunktur die Nachfrage. Seit Kurzem baut sich ein weiteres Risiko auf: Im Handelsstreit mit China droht die Belieferung mit Halbleitern des wichtigen Anbieters Nexperia zu versiegen. Autobauer und Zulieferer suchen fieberhaft nach Ersatz, bereiten sich aber zugleich auf Produktionsstopps vor. Källenius sagte, die Krise sei anders als der Chipmangel während der Corona-Pandemie politisch durch den Handelsstreit zwischen China und den USA bedingt. "Es muss politisch gelöst werden."

(redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)