Tiefrote Kurse

Warum es an den Märkten heute plötzlich so ruckelt

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)
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Quelle: Ground Picture/Shutterstock.com

Nach einem gemächlichen Wochenstart ist der Dax am Dienstag deutlich abgerutscht. An der Wall Street zeichnen sich ebenfalls deutliche Verluste ab. Dahinter stecken unter anderem aufgeflammte Ängste um die Bewertungen.

Um bis zu 1,8 Prozent knickte der deutsche Leitindex Dax am Dienstag ein – einen ähnlich hohen Verluste verbuchte das Kursbarometer zuletzt Mitte Oktober, als in den USA kurzfristig Furcht vor einer Krise regionaler Banken aufkam.

Die Wall Street ließen die Probleme bei den mittelgroßen Instituten damals kalt. Für den Handel am Dienstag aber zeichnen sich dort ebenfalls Verluste ab. Die Futures auf den S&P 500 deuten ein Minus von gut einem Prozent an, der Nasdaq 100 dürfte sogar um 1,4 Prozent fallen.

Anders als im Oktober geht es nämlich nicht nur um die Probleme einiger mittelgroßer Finanzinstitute, sondern um etwas, was schon seit geraumer Zeit Thema ist: Die hohen Bewertungen von Aktien. Noch dazu kommen als Belastungsfaktoren die Zahlen des KI-Lieblings Palantir und durchmischte Signale von der Geldpolitik.

Wall-Street-Bosse warnen vor Korrektur

Größter Belastungsfaktor für die Kurse dürften die Aussagen der Wall-Street-Prominenz sein. Auf einem Gipfel der Branche in Hongkong erklärte Mike Gitlin, Chef des Investmenthauses Capital Group, dass die Unternehmensgewinne zwar stark seien, die Bewertungen aber „herausfordernd“.

„Ich denke nicht, dass viele sagen würden, Aktien seien günstig oder fair bewertet“, zitierte die Nachrichtenagentur Bloomberg Gitlin.

Mit Ted Pick und David Solomon äußerten sich die Vorstände der Investmentbanken Morgan Stanley und Goldman Sachs ähnlich und verwiesen darauf, dass es die Möglichkeit für eine signifikante Korrektur von zehn bis 15 Prozent in den kommenden Monaten gebe. Zugleich bekräftigten die Investmentmanager, dass solche Rücksetzer gesund für den Markt seien.

Palantir liefert solide Zahlen und enttäuscht trotzdem

Neben diesen Aussagen lastete die Enttäuschung über die Zahlen des KI-Profiteurs Palantir auf der Stimmung. Dabei lieferte Palantir sogar ab. Im dritten Quartal erlöste der Spezialist für Überwachungssoftware, der in den KI-Bereich vordrängt, 1,18 Milliarden Dollar Umsatz und damit 63 Prozent mehr als im Vorjahr.

Das 21. Quartal in Folge übertraf Palantir damit die Erwartungen, der Konzern hob sogar den Umsatzausblick für das laufende Jahr an. Dennoch straften Anleger die Aktie ab: Im nachbörslichen US-Handel schlitterte der Kurs um 6,8 Prozent abwärts.

Problematisch sei eben auch hier die Bewertung, hieß es von Analysten. Mit einem bisherigen Jahresplus von 173 Prozent steht Palantir stellvertretend für den Hype um KI. Der Bewertung ist der Kurs damit aber hoffnungslos davongeeilt. Aktuell handelt der Konzern zum 85-fachen seines Jahresumsatzes und ist damit die mit Abstand am höchsten bewertete Aktie im amerikanischen Aktienindex S&P 500.

Durchmischte Signale aus der Geldpolitik

Dritter Faktor für die schwachen Kurse ist neue Unsicherheit über die US-Geldpolitik. Die jüngsten Zinssenkungen begrüßte der Markt, da niedrigere Zinsen Aktien tendenziell attraktiver als Investment machen.

Ob die Notenbank Fed nun aber ein drittes Mal senkt, ist aber unklar. Austan Goolsbee von der Fed in Chicago äußerte Sorgen über die Inflation, während Fed-Gouverneurin Lisa Cook die Risiken des schwachen Arbeitsmarkt für größer als die Probleme auf dem Arbeitsmarkt erachtet.

Sowohl Goolsbee als auch Cook gehören dem Offenmarktausschuss an, dem entscheidenden Gremium der US-Notenbank. Ob der Ausschuss im Dezember ein drittes Mal die Zinsen senkt, erscheint also alles andere als sicher.

„Angesichts der schwächeren Konjunkturdaten in den USA und der Erklärung der Zinshüter, sich in der Geldpolitik alle Optionen offen zu halten, reevaluieren Investoren derzeit ihre Positionen, statt das Risiko zu suchen“, kommentierte Investmentstratege Billy Leung gegenüber Bloomberg.

Heißt konkret: Anleger streichen angesichts des bisher starken Börsenjahres Gewinne ein. Bei Überfliegern wie Palantir ist das nicht verwunderlich. Weitere Tech-Größen wie Apple oder Alphabet hatten erst in der vorigen Woche neue Rekorde erreicht, ehe die Kurse etwas zurückkamen - wer diese Aktien verkaufen will, bekommt derzeit also gute Gelegenheiten.

Ob diese augenscheinlichen Gewinnmitnahmen den Markt mittelfristig belasten, ist noch offen. Goldman-Chef Solomon merkte an, dass die Bewertungen bei Tech-Aktien schon „voll“ seien, das aber nicht für den ganzen Markt gelte. Darüber hinaus träten Rücksetzer zwischen zehn und 15 Prozent auch in positiven Marktzyklen auf, ohne dadurch den langfristigen Trend zu beeinträchtigen.

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