Lohnlücke zwischen Frauen und Männern verharrt bei 16 Prozent
Berlin, 16. Dez (Reuters) - Der Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern in Deutschland hat sich auch in diesem Jahr nicht verringert.
Frauen verdienen im Schnitt 16 Prozent weniger als ihre Kollegen, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Sie kommen im Schnitt auf einen Bruttostundenverdienst von 22,81 Euro, Männer auf 27,05 Euro. "Im Vergleich zum Vorjahr blieb der unbereinigte Gender Pay Gap somit konstant", erklärten die Statistiker. Dabei bleibt der Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern in Ostdeutschland (fünf Prozent) weiterhin deutlich kleiner als im Westen (17 Prozent). Im öffentlichen Dienst liegt er bei vier Prozent, in der Privatwirtschaft bei 17 Prozent.
Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung sieht mehrere Gründe dafür, warum die Lohnlücke größer sei als in vielen anderen Ländern. "Einerseits liegt es an fehlenden Möglichkeiten, Erwerbs- und Sorgearbeit zu vereinbaren", sagte WSI-Direktorin Bettina Kohlrausch. Da Frauen immer noch den überwiegenden Teil der Sorgearbeit erledigten, schränke dies ihre Möglichkeiten zur Erwerbsbeteiligung ein. Dies betreffe nicht nur die Phase der Kindererziehung, sondern etwa auch die Pflege von Angehörigen und sei daher nicht auf eine Lebensphase begrenzt. Andererseits seien vermeintlich weibliche Tätigkeiten, wie Pflegen oder Erziehung, oft schlechter entlohnt. "Und natürlich werden Frauen auf dem Arbeitsmarkt auch oft diskriminiert und für dieselben Tätigkeiten schlechter bezahlt als Männer", sagte Kohlrausch.
TEILZEIT ALS FAKTOR
Rund 60 Prozent der Verdienstlücke lassen sich den Statistikern zufolge durch verschiedene Merkmale erklären. "Ein wesentlicher Faktor ist dabei, dass Frauen häufiger in Teilzeit arbeiten", hieß es. Das gehe in der Regel mit geringeren Löhnen einher. Hierauf seien 19 Prozent der Verdienstlücke (0,81 Euro) zurückzuführen. Zudem sind Frauen häufiger in Branchen und Berufen tätig, in denen allgemein geringer entlohnt wird. Das erklärt rund 18 Prozent des Unterschieds (0,75 Euro). Etwa 13 Prozent der Verdienstlücke (0,55 Euro) lassen sich demnach durch das Anforderungsniveau des Berufs erklären.
Die verbleibenden 40 Prozent des Verdienstunterschieds können nicht durch die im Schätzmodell verfügbaren Merkmale erklärt werden. Dieser unerklärte Teil entspricht einem sogenannten bereinigten Gender Pay Gap von sechs Prozent. Demnach verdienen Arbeitnehmerinnen im Durchschnitt auch bei vergleichbarer Tätigkeit, Qualifikation und Erwerbsbiografie im Jahr 2025 pro Stunde sechs Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. "Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Unterschiede geringer ausfallen würden, wenn weitere Informationen über lohnrelevante Einflussfaktoren für die Analyse zur Verfügung stünden, etwa Angaben zu Erwerbsunterbrechungen aufgrund von Schwangerschaft, der Geburt von Kindern oder der Pflege von Angehörigen", so die Statistiker. Der bereinigte Gender Pay Gap sei daher als "Obergrenze" für eine mögliche Verdienstdiskriminierung von Frauen zu verstehen.
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)



