Dax-Konzerne können kein Web 2.0

HANDELSBLATT · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Auf der Internetseite von BASF haben Anleger den Durchblick: Rechts informiert sie ein blaues Feld darüber, wie sich die Aktie des Chemie-Riesen entwickelt, in der Mitte erklären die Webseiten-Macher, warum es sich lohnt, Geld in das Unternehmen zu stecken. Über Twitter, Stocktwits und Facebook können sich Investoren über die Lage des Konzerns live informieren.

BASF ist Sieger der diesjährigen „Investor Relations Benchmark“- Studie der Kölner Net Federation GmbH. Seit 2003 analysiert und bewertet das Unternehmen die Investor Relations-Webseiten der 100 größten deutschen Unternehmen. Das Ergebnis: Auf vielen IR-Webseiten müssen die Anleger suchen, stolpern und in Sackgassen landen bis sie die wichtigen Infos gefunden haben.

Nicht so bei den diesjährigen Siegern: Neben BASF konnten die Bayer AG sowie die Deutsche Post punkten. Zu den Verlierern zählen der Online-Reifenhändler Delticom, das Bremer Ticketing-Unternehmen CTS Eventim und die BB Biotech AG.

Auch RWE-Investoren haben wenig Grund zur Freude: Der Energiekonzern rutschte gleich 21 Plätze nach unten. Dabei gehörte er im vergangenen Jahr zu den Musterschülern in Sachen Investor-Relations im Internet und belegte den vierten Platz. „Nach dem Atomausstieg sind sie in ein großes, kommunikatives Themenloch gefallen“, erklärt Studienleiter Thorsten Greiten die schlechte Performance des Unternehmens. Die Kommunikation sei stark zurückgefahren worden.Doch was macht eine gute IR-Webseite aus? „Vor allem die inhaltliche Bandbreite“, sagt Greiten. Gute Quartalsberichterstattung, Informationen zur Aktienentwicklung seien wichtig aber auch, wie diese Informationen dargestellt und über welche Kanäle sie kommuniziert würden.

„Der User muss mit Themen angesprochen werden, nicht durch ein Organigramm“, sagt Greiten. Doch eine „Corporate-Story“ steht bei den wenigsten Unternehmen auf der Agenda. Nur 15 Prozent der Firmen kommunizieren klar, warum die Anleger ihr Geld in sie stecken sollen, so die Studie. Stattdessen präsentieren sie oft ein Zahlenwirrwarr: „Der Großteil verwechselt Masse mit Klasse und versucht, alles ohne jegliche Einordnung in die Themenstrategie herauszuposaunen."

CEOs sehen im Netz Risiken, nicht Chancen

Wirklich wichtige Informationen bekommen die Anleger dabei häufig nicht zu Gesicht. Zum Beispiel Infos über Directors‘ Dealing, also jene Aktiengeschäfte, die das Management des Unternehmens tätigt. 40 Prozent der untersuchten Unternehmen geben nichts darüber auf ihrer Webseite preis. Dabei können Insidergeschäfte vor allem in Krisenzeiten ein guter Richtwert für die Anleger sein.

Auch bei Quartalszahlen konnten die Unternehmen nicht punkten. Gerade einmal 15 Prozent ermöglichten es ihren Kunden, die Quartalszahlen direkt auf der Seite zu vergleichen. In 85 Prozent der Fälle mussten sie die Webseite verlassen. Dabei ist es unbedingt wichtig, die User auf der Seite zu halten. Die Entscheidung für oder gegen ein Investment ist eine Sache von Minuten. „Der durchschnittliche User verbringt gerade einmal ein bis zwei Minuten auf der IR-Seite eines Unternehmens“, sagt Greiten. Sechs Klicks – das war‘s.

Doch in Sachen Medienkompetenz herrscht in den meisten Unternehmensetagen Finsternis. „Sie denken immer noch in DIN A4“, sagt Greiten. „Viele CEOs haben immer noch Angst vor Web 2.0 Sie sehen eher die Risiken als die Chancen des Internets.“

Gerade einmal sieben Prozent der Untersuchten hatten einen eigenen IR-Twitter-Account. Knapp ein Viertel war auf Facebook und auf anderen sozialen Webseiten vertreten und nur 13 Prozent der IR-Seiten sind für Smartphones und Tablets optimiert. Dabei gebe es inzwischen viele Instrumente, die sich zur Kommunikation mit den Anlegern nutzen ließen.

Dazu gehören Financial Social Media Communities wie Stocktwits, Sharewise, oder Stockpulse. „Die Vernetzungsdynamik wird sich der Privatanleger nicht nehmen lassen“, so Greiten.

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