Drei Fragen an Bernecker: Gibt es jetzt Chancen im Banken-Sektor, wie beurteilen Sie das Brockhaus-IPO und wie lange kann die extreme Nasdaq-Rally noch so weitergehen?
In unserer heutigen Ausgabe fragen wir nach den Chancen im Banken-Sektor, einer Einschätzung zum IPO von Brockhaus Capital Management und wie die Rally des Nasdaq-Index noch weitergehen kann.
onvista-Redaktion: Die US-Banken haben mit ihren Q2 Zahlen die heiße Phase der Berichtssaison eingeleitet – und haben im Angesicht der Corona-Krise recht annehmbare Bilanzen präsentiert. Sehen Sie jetzt starke Erholungschancen im Banken-Sektor?
Die amerikanischen Banken belegen mit ihren Gewinnzahlen ihre grundsätzliche Qualität. Es gibt gleichwohl erhebliche Differenzen zwischen den großen Investmentbanken wie JPMorgan und den konsumorientierten breitgestellten Banken wie Wells Fargo. Für die Liquiditätsversorgung ist die Fed zuständig, die dies hinreichend und angemessen bewirkt. Damit ist klargestellt, dass die weitere Konjunkturerholung mit der bekannten Geldhilfe von Staat und Notenbank angemessen unterstützt wird. Neue Favoriten für Anleger sind die Banken gleichwohl nicht.
onvista-Redaktion: Was sagen Sie zum IPO von Brockhaus Capital Management? Ein interessanter Wert oder sollte man momentan die Finger von Investmentgesellschaften lassen?
Brockhaus Capital ist eine Bereicherung für den deutschen Markt. Es kommt jedoch darauf an, welchem Prinzip Brockhaus folgen will. Zunächst sind die Beteiligungen oder Vollkauf kleinerer Firmen richtig, um das sehr große Angebot in Deutschland aufzunehmen. Hier handelt es sich vielfach um Nachfolgeregelungen.
Die zwei Varianten: Deutsche Beteiligung, Indus und Gesco verstehen sich als Beteiligungsholding und wechseln ihre Beteiligungen relativ selten aus. Dt. Beteiligung operiert zudem über Fonds zur Finanzierung. Die andere Variante wäre amerikanisch nach dem Vorbild von KKR und Blackstone, die in der Regel solche Beteiligungen nach drei oder fünf Jahren an den Markt zurückführen. Daraus speist sich in vielen Fällen die Liste der Neuemissionen. Geht Brockhaus diesen Weg, wäre es eine interessante Ergänzung, die es bislang in Deutschland nicht oder nur unzureichend (zwei Fälle, MBB und Mutares) gab. Auf die Kreativität von Brockhaus wird es ankommen.
onvista-Redaktion: Die Märkte erholen sich weiterhin solide vom Corona-Crash, doch was im Nasdaq passiert ist wirklich bemerkenswert. Kann die großen Tech-Riesen überhaupt nichts mehr aufhalten oder wird auch dort letzten Endes der Rücksetzer zur Realität stattfinden?
Der Nasdaq 100 übertreibt. Nicht zum ersten Mal, aber mindestens zum zweiten oder sogar dritten Mal. Bleiben wir beim letzten Vergleich, der sich anbietet. Zunächst: In der Techszene sind alle Firmen versammelt, die mit neuen Ideen und Konzepten weltweit Furore machen. Diese Themen werden an der Wall Street umfangreich und in großen Beträgen gespielt. Der Dotcom-Hype von 1998 bis Anfang 2000 ist das letzte Vorbild. Star war damals Microsoft als teuerstes Unternehmen der Welt mit einem Marktwert von rd. 630 Mrd. Dollar. Daraus wurde anschließend in ca. 18 Monaten knapp ein Drittel, obwohl Microsoft weiterhin glänzende Geschäfte machte. Auf die überreizten Kurse kommt es also an. Das Gleiche steht den bekannten Techs demnächst ebenfalls bevor: Die Geschäfte sind überzeugend, aber die überzogenen Kurse werden revidiert. Ob daraus minus 25 % oder 40 % werden, können wir uns demnächst aussuchen. Das gehört zur Börse: Jede Übertreibung führt zu angemessenen Bewertungen und dann beginnt der nächste Hype … In der Regel in anderen und neuen Kreationen.
Vielen Dank für Ihre Antworten!
Foto: Bernecker