Eines der „gefährlichsten Diagramme der Finanzmärkte“ kommt aus dem Kredit-Sektor

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)
Artikel teilen:

Das Coronavirus breitet sich auf der Welt aus, das ruft verständlicherweise Sorgen hervor. Menschen allgemein fürchten um ihre Gesundheit, da ein Virus, sei es nun die Grippe oder das Coronavirus, nie eine schöne Sache ist, auch wenn die Tödlichkeit beim neuen Virus glücklicherweise recht gering ausfällt. An den Aktienmärkten lösen die Maßnahmen, die wegen der Ausbreitung betrieben werden, vornehmlich Sorgen darüber aus, dass sich die Gewinnerwartungen der Unternehmen deutlich verschlechtern werden, da Produktionsanlagen still stehen, diverse Branchen wie der Tourismus, Transport, oder auch immer mehr Dienstleister weniger Geschäfte machen können.

Politische Interventionen sorgen aber, wie zuletzt mit Trumps Ankündigungen geschehen, auch wieder für Beruhigung an den Aktienmärkten. Langfristig sind sich die Ökonomen aber einig, dass eine Rezession zumindest in Deutschland, wahrscheinlich aber noch in sehr viel mehr Ländern, durch die harte Bremse der Wirtschaft nicht mehr verhinderbar ist. Das bedeutet langfristigen Druck auf die meisten Unternehmen, da Rückgänge in allen Bereichen zu erwarten sind. Angesichts dessen ist wahrscheinlich ein ganz anderer Chart von Bedeutung, als der der Aktienmärkte.

Holger Zschaepitz, leitender Wirtschafts- und Finanzredakteur bei der Welt und Autor des Buches „Schulden ohne Sühne“, hat in einem Tweet auf ein Diagramm des Wirtschaftswissenschaftlers der Deutschen Bank, Torsten Slok, hingewiesen, das die Entwicklung der Kreditmärkte seit 2005 aufzeigt, und es als „eines der gefährlichsten Diagramme der Finanzmärkte“ bezeichnet.

Link zum Tweet


Die US-Kreditmärkte sind von 2 Billionen US-Dollar im Jahr 2008 auf über 7 Billionen US-Dollar heute angestiegen, der größte Teil des Wachstums beläuft sich auf Kredite mit BBB-Ratings, das ist die niedrigste Investment-Grade-Stufe - die Assets sind also gerade noch so investierbar. Die Befürchtung, auf die Zschaepitz hinweisen will: Sollte die Weltwirtschaft in eine Rezession geraten, könnte ein großer Teil oder sogar alle diese Papiere weiter abgewertet werden und in den Non-Investment-Grade-Bereich fallen – mit ungeahnten Folgen für die Aktienkurse und die weitere wirtschaftliche Entwicklung dieser Unternehmen. Klar wäre allerdings, dass weitere Kreditaufnahmen extrem erschwert werden würden.

Nicht nur Zschaepitz, auch andere Analysten wiesen jüngst auf Kreditrisiken hin. Due US-Bank JPMorgan hat Anleger ebenfalls gewarnt. „Die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Krise werfen Fragen zu den Kredit- und Finanzierungsmärkten auf“, schrieben die Analysten in einer Notiz und fügten hinzu, dass sich ein Großteil der Besorgnis auf die Sektoren Luftfahrt, Reisen und Freizeit sowie Einzelhandel konzentrieren wird. „Wenn diese Verschiebungen auf den Kredit- und Finanzierungsmärkten in den kommenden Wochen und Monaten anhalten, insbesondere im Emissionsbereich, könnten die Kreditkanäle einen ökonomischen Fallout auslösen.“

Marktexperte Jochen Stanzl hatte am Montag den Kurssturz in einem Kommentar mit dem „Lehman-Moment“ zu Zeiten der Finanzkrise verglichen. Bedenken hegt der Experte vor allem an der Intensität des Einbruchs beim Rohöl. „Immer wenn es zu abrupten Preisanpassungen kommt, droht ein Kreditrisiko, da sich niemand auf so etwas vorbereiten konnte“, gab er zu bedenken.

Joachim Fels, global Investmentstrategist der auf Anleihen spezialisierten Investmentgesellschaft Pimco, hat bereits am Sonntag in einer Kundenmitteilung gewarnt: Er sagte, sowohl die USA als auch Europa stünden im ersten Halbjahr vor der „eindeutigen Möglichkeit“ einer technischen Rezession, da die Investoren angesichts der anhaltenden Ausbreitung des Coronavirus in sichere Häfen strömen. Fels sagte, dass er unter der Annahme, dass der Ausbruch des Coronavirus in den nächsten zwei Monaten seinen Höhepunkt erreicht, davon ausgeht, dass die Rezession nur von kurzer Dauer sein wird. Eine Erholung könnte in der zweiten Jahreshälfte folgen, aber er sagte, er sei „besorgt über mögliche Risse im US-Kreditzyklus in einem Umfeld schwindender Unternehmens-Cashflows, was zu einer starken Verschärfung der Finanzbedingungen führen könnte, die sich auf die Realwirtschaft auswirken.”

onvista-Redaktion/dpa-AFX

Titelfoto: Immersion Imagery / Shutterstock.com

– Anzeige –

Der Überlebensguide für den Börsencrash: Wie du jetzt am besten auf eine Marktkorrektur reagierst!

Premium-Beiträge
Trading-Impuls
Siemens Energy-Aktie: Neue Rekorde oder Rücksetzer?gestern, 14:47 Uhr · onvista
Diageo, Pernod-Ricard und Co.
Schnaps-Aktien in der Krise: Schnäppchen oder zurecht billig?31. Aug. · onvista
Kolumne von Stefan Riße
Trumps Fed-Attacke könnte verheerende Folgen haben30. Aug. · Acatis