ROUNDUP 2: Nach Corona-Ausbruch bei Tönnies zeichnen sich weitere Maßnahmen ab

dpa-AFX · Uhr

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GÜTERSLOH (dpa-AFX) - Nach dem massiven Corona-Ausbruch beim Fleischverarbeiter Tönnies in Rheda-Wiedenbrück zeichnen sich weitere Schritte zur Eindämmung des Infektionsherdes ab. Fachleute des Robert Koch-Instituts und andere Wissenschaftler sind im Kreis Gütersloh laut Behörden im Einsatz. "Deren Empfehlungen folgen weitere Maßnahmen", teilte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Montag über den Kurznachrichtendienst Twitter mit, ohne dabei Details zu nennen.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte einen kurzen Lockdown mit massiven Tests in der Region. Er warnte vor einem freien Reiseverkehr der Menschen aus der Region Gütersloh. Im gesamten Kreis Gütersloh sind Schulen und Kindergärten vorsorglich geschlossen, in der größten deutschen Fleischfabrik ruht der Betrieb. Nach 1331 bestätigen Corona-Fällen (Stand Sonntag) unter der Tönnies-Belegschaft wurden die Mitarbeiter unter Quarantäne gestellt.

Die hohe Zahl der Corona-Infizierten hat im Kreis Gütersloh eine Kennziffer für die Pandemie-Bekämpfung deutlich nach oben getrieben. Die sogenannte 7-Tages-Inzidenz zu den Corona-Neuinfektionen ist dort auf den Wert von 263,7 gestiegen. Er zeigt an, wie viele Neuinfektionen in den vergangenen 7 Tagen pro 100 000 Einwohner gemeldet wurden. Auch im benachbarten Kreis Warendorf geht der Wert nach oben. Dort liegt er nach Angaben des nordrhein-westfälischen Landeszentrum Gesundheit zum Stand 22. Juni 0 Uhr bei 41,8.

Bei der Marke von 50 sollen für eine betroffene Region wieder stärkere Einschränkungen in Betracht gezogen werden. Bund und Länder haben allerdings auch vereinbart, dass diese Zahl keine Rolle spielt, wenn es sich um einen lokal eingrenzbaren Infektionsherd handelt. So wird auch der Ausbruch bei Tönnies bisher von der Landesregierung eingestuft. Laschet schließt aber einen Lockdown in der Region weiter nicht aus. Die Bundesregierung betonte, über konkrete Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionen entscheide das Land Nordrhein-Westfalen.

Lauterbach kritisierte das Vorgehen der NRW-Landesregierung. "Ich bin sicher, dass deutlich mehr Menschen außerhalb der Mitarbeiterschaft inzwischen infiziert sind", sagte er der "Rheinischen Post" (Dienstag). Das Virus könnte sich so potenziell sehr weit verteilen. Deshalb sei es ein Fehler, "dass es jetzt keinen kurzen Lockdown mit einem massiven Testaufgebot gibt". Das sei nötig, um das tatsächliche Infektionsgeschehen in der Region genau einschätzen zu können.

Im Kreis Gütersloh ging es am Montag unter anderem um weitere Abstriche bei Haushaltsangehörigen von Tönnies-Mitarbeitern. Erneut waren mobile Teams unterwegs, um Proben zu nehmen und den in Quarantäne befindlichen Menschen Unterstützung anzubieten. Im Kreisgebiet können sich alle Menschen in den nächsten Tagen kostenlos auf das Coronavirus testen lassen. Am Montag seien auf diese Ankündigung schon zahlreiche Menschen zum Tönnies-Werk in Rheda-Wiedenbrück gekommen, sagte Kreissprecher Jan Focken. Für die angekündigten Corona-Tests der Bevölkerung des Kreises richtet die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe ein Diagnosezentrum ein.

Die vielen Infektionen bei Tönnies-Mitarbeitern sorgten auch dafür, dass die für die Ausbreitung wichtige Reproduktionszahl (R-Wert) für ganz Deutschland deutlich auf 2,88 (Vortag: 1,79) gestiegen ist. Das bedeutet, dass ein Infizierter im Mittel zwischen zwei und drei weitere Menschen ansteckt. Der Anstieg hänge mit lokalen Häufungen zusammen, wobei insbesondere der Ausbruch in Nordrhein-Westfalen eine große Rolle spiele, wie das RKI in seinem Lagebericht mitteilte./lin/DP/zb

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