Verwerfungen nicht nur am Aktienmarkt: Öl im Crash-Modus

Bernd Raschkowski · Uhr

Wir befinden uns ohne Zweifel in einer der stürmischsten Börsenphasen der vergangenen Jahrzehnte. Noch nie gab der DAX in seiner 30-jährigen Geschichte knapp 40 Prozent in nur vier Wochen ab. Starke Nerven sind jetzt gefragt. Selbst in den größten Krisenzeiten gibt es jedoch immer wieder Zwischenerholungen. Zum Beispiel heute: Der DAX legte zeitweise um zehn Prozent zu.

Neben den Aktienmärkten bebten vor allem auch die Rohstoffmärkte, besonders das Öl. Auslöser der Turbulenzen waren gescheiterte Gespräche einiger großer Öl-Staaten zum Wochenbeginn. Aufgrund der Sorgen um die Weltwirtschaft, ausgelöst durch die Corona-Ausbreitung, und einer damit verbundenen geringeren Nachfrage nach Rohöl hatten die erdöl-exportierenden Länder über Förderkürzungen beraten. Vor wenigen Tagen wurde klar, dass man sich nicht auf eine Förderkürzung einigen kann. Besonders Russland und Saudi-Arabien sind sich uneins, man konnte keine gemeinsame Vorgehensweise finden. Saudi-Arabien will nun seine Fördermenge weiter erhöhen. Auf den Nachfrageeinbruch würde dann ein erhöhtes Öl-Angebot treffen.

Infolgedessen gab es einen historischen Kursrutsch im Öl: Die Notierung fiel zu Beginn der Woche an nur einem Tag um rund 30 Prozent. Es war der größte Einbruch seit dem Golfkrieg 1991. Neben der Sorge vor einem Konjunkturabschwung werden die öl-abhängigen Aktien abgestraft.

In der folgenden Abbildung ist die Entwicklung des Öls der Sorte Brent seit Mai 2019 dargestellt (in US-Dollar je Barrel, Candlestick-Chart, eine Kerze entspricht einem Tag):

Bereits in den vorherigen Wochen standen die Ölpreise unter massivem Verkaufsdruck. Die Sorge vor den Folgen der Corona-Krise belastete die Notierungen. Der Ausbruch des Coronavirus und die damit verbundene Schwächung der Konsumnachfrage lässt die Ölnachfrage sinken. Am stärksten sind die Fluggesellschaften und Reisekonzerne betroffen, da Flüge gestrichen und Reisen abgesagt werden. Im Zuge der Rezessionsängste verlor das Erdöl seit Jahresanfang deutlich an Wert. Aus heutiger Sicht hat der Energieträger seit Jahresbeginn mehr als die Hälfte seines Wertes verloren.

Stabilisierung nach Kursrutsch?

Nach dem historischen Crash am Ölmarkt erholen sich die Notierungen heute etwas. Ein Barrel der US-Worte WTI kostet aktuell 32,36 Dollar, was einem Plus von 3,3 Prozent entspricht. Für die europäische Öl-Sorte Brent werden 33,80 Dollar bezahlt. Dies ist ein Aufschlag von 2,3 Prozent im Vergleich zum gestrigen Preis.

Amerikanische Öl-Industrie im Blick behalten

Die Auswirkungen des Öl-Crashs können wir bislang nur erahnen. Eines steht fest: Der niedrige Ölpreis setzt vor allem der US-Industrie zu. Die zahlreichen öl-nahen Unternehmen bekommen richtig Probleme, sollte sich der Ölpreis unter 45 Dollar etablieren. Kein Wunder, dass die großen Öl-Ausrüster und Explorer an den Börsen unter besonders hartem Verkaufsdruck standen. Die sonst so konservativen Aktien haben teilweise mehr als 50 Prozent an Wert verloren.

Zum Problem wird nun die hohe Verschuldung einiger der US-Ölproduzenten. Schlimmer sieht es noch für die US-Schieferöl-Industrie aus. Beim aktuellen Ölpreis dürfte sich deren Geschäftsmodell schnell in Luft auflösen. Keines der Unternehmen dürfte nach Expertenschätzungen bei dem momentanen Ölpreis kostendeckend arbeiten können.

Während der niedrige Ölpreis für die alten Industriezweige in den USA zur Belastungsprobe wird, kommt der Preissturz des Rohstoffs für andere Unternehmen gelegen. Die europäischen Branchen Chemie, Automobil, Pharma, Industrie etc. profitieren eher von einem niedrigen Ölpreis. Kurzfristig sorgt die jüngste Entwicklung sicherlich für Turbulenzen, mittelfristig kommt es jedoch einem großen „Konjunkturpaket“ gleich. Auf nextmarkets.com verfolge ich die Entwicklung und gebe mögliche Trading-Ideen bekannt.

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