Knorr-Bremse: Hella-Übernahme vom Tisch – Aktie macht Freudensprung
Der Lkw- und Zugbremsen-Hersteller Knorr-Bremse hat sich gegen eine Mehrheitsübernahme des Autozulieferers Hella entschieden. Nach sorgfältiger Analyse würden die Möglichkeiten des Transfers von Schlüsseltechnologien und Produkten auf das eigene Angebot als nicht ausreichend zur Realisierung der erwarteten Synergien bewertet, teilte Knorr-Bremse am Mittwochabend in München mit. Erst Ende Juni hatte das Management ein „grundsätzliches Interesse am möglichen Erwerb von rund 60 Prozent der Aktien der Hella GmbH & Co. KGaA von Mitgliedern der Gründerfamilie“ bestätigt. Investoren war das allerdings sauer aufgestoßen: die Knorr-Bremse-Aktien büßten seither rund ein Fünftel ihres Wertes ein.
Akash Gupta, Analyst bei der US-Bank JPMorgan hatte von einer strategisch zwar womöglich wertvollen Transaktion gesprochen, gleichzeitig aber darauf hingewiesen, dass der Kaufpreis wohl hoch wäre und die Synergien gering.
Zu dem Schluss kam auch das Management von Knorr-Bremse. Eine Akquisition würde nicht hinreichend zusätzlichen Wert für die Aktionäre schaffen, sagte Konzernchef Jan Mrosik laut Mitteilung. Grundsätzlich sei das Unternehmen offen für Zukäufe, „allerdings haben sich für uns Chancen für einen möglichen Transfer von Kompetenzen speziell in den Nutzfahrzeugbereich nicht in ausreichendem Maße bestätigt“, erklärte der Manager mit Blick auf Hella.
Die Hella-Aktien gaben am Mittwochabend zwar nach, mit einem Minus von gut zwei Prozent hielten sich die Verluste aber in Grenzen. Mit 56,50 Euro bewegten sie sich zudem auf der Handelsplattform Tradegate weiterhin nahe ihres Xetra-Rekordhochs von 61,90 Euro, auf das die Ende Juni infolge des Interesses von Knorr-Bremse gestiegen waren.
Übernahmefantasie bleibt bei Hella grundsätzlich erhalten. Im Mai hatte das „Manager Magazin“ berichtet, dass es bei einem möglichen Verkauf des Anteils der Industriellenfamilie Hueck schnell gehen könnte. Der 71-jährige Jürgen Behrend, der den Autozulieferer lange geführt hatte und seit einigen Jahren im Gesellschafterausschuss sitzt, drücke aufs Tempo, hieß es unter Berufung auf das Unternehmensumfeld. Interessenten gebe es einige, wie die Finanzinvestoren Advent und Bain Capital, die als Team antreten würden, sowie CVC und Blackstone. Auch die Autozulieferer Hasco und Faurecia erwägten Gebote.
dpa-AFX
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onvista Redaktion: Mit dem heutigen Freudensprung von etwas mehr als 8 Prozent hat die Aktie zwar noch nicht die Delle der Übernahmespekulation von Hella komplett ausgewetzt, aber es ist ein guter Schritt in die richtige Richtung. Die Pläne von Knorr-Bremse hatten vor allen Dingen Fragen zu möglichen Synergien aufgeworfen. Diese schwierige Suche ist jetzt beendet.
Ab sofort können sich die Anleger wieder auf das Tagesgeschäft von Knorr-Bremse konzentrieren. Der Hersteller von Bremssystemen für Schienen- und Nutzfahrzeuge ist überraschend gut ins neue Geschäftsjahr gestartet, was die Aktie zum ersten Mal seit dem Börsengang im Jahr 2018 in den dreistelligen Bereich führte.
Sollte sich die gute Geschäftsentwicklung auch im zweiten Quartal bestätigen, dann sollte das Überspringen der 100 Euro Marke durchaus wieder drin sein. Die Zahlen für das zweite Viertel des Jahres veröffentlich Knorr-Bremse am 13. August. Mit einem geschätzten KGV von fast 25 ist die Aktie allerdings kein Schnäppchen mehr, aber auch noch nicht zu teuer.
Trotzdem sollten Anleger der heutigen Kursentwicklung nicht hinterher springen. Nach einer Beruhigung im Kurs könnte die Aktie durchaus interessant werden, sofern die Halbjahreszahlen die überraschende Entwicklung des ersten Quartals bestätigen.
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Redaktion onvista / dpa-AFX
Foto: Homepage Knorr-Bremse