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dpa-AFX · Uhr
    Alarmstufe Rot, Kommentar zur Immobiliengruppe Adler von Helmut Kipp
Frankfurt (ots) - Auf den ersten Blick vermittelt der Geschäftsbericht der Adler
Group den Eindruck einer weitgehend heilen Welt. "Vertrauensvoll in die Zukunft"
heißt es zur Vorstellung des Senior Managements. Geschäftsmodell und operative
Basis seien intakt, bei der Verbesserung der Kapitalstruktur komme man voran.
Zwei Co-CEOs lächeln einem ins Gesicht. Dumm nur, dass einer der beiden schon
nicht mehr an Bord ist.

Beim weiteren Durchscrollen zeigt sich ein erschreckendes Bild. Unter dem Strich
stehen knapp 1,2 Mrd. Euro Verlust. Der Wohnungsbestand ist drastisch
geschrumpft, weil der Konzern Immobilien verkaufen muss, um die Verschuldung in
Schach zu halten. Der Kaufpreis für die erst unlängst übernommene
Projektentwicklungstochter Consus muss nahezu ganz abgeschrieben werden.

Das Schlimmste: Der Wirtschaftsprüfer KPMG Luxembourg verweigert das Testat,
weil ihm als wichtig erachtete Informationen nicht zugänglich gemacht worden
seien. Solch ein Versagungsvermerk ist äußerst selten. Nun herrscht Alarmstufe
Rot. Denn Adler ist der Zugang zum Banken- und Kapitalmarkt praktisch versperrt.

Das mag kurzfristig verkraftbar sein, weil zum Bilanzstichtag gut eine halbe
Milliarde Euro Liquidität vorhanden war. Auf längere Sicht aber nicht, allein
schon wegen künftiger Anleihefälligkeiten. Daher muss Adler schleunigst wieder
einen lupenreinen Abschluss präsentieren, am besten bereits im
Halbjahresbericht, für den eine prüferische Durchsicht ansteht.

Um das zerrüttete Verhältnis zum Wirtschaftsprüfer zu kitten, hilft nur eins:
Hose runterlassen. Also all die Informationen bereitstellen, deren Vorenthaltung
zu der Testatsversagung geführt hat. Ein Prüferwechsel würde nichts bringen. Der
neue muss ähnlich genau in die kritischen Ecken schauen.

Weitere Wohnungsverkäufe zur Geldbeschaffung sind zwar möglich, würden aber die
Geschäftsbasis weiter schmälern. Schon jetzt ist Adler zu klein. Ein
Wohnungskonzern lebt von der Skalierung. Da kann man sich nicht
gesundschrumpfen.

Für verantwortliche Manager und Verwaltungsräte könnten die nächsten Monate und
Jahre ungemütlich werden. Denn die Aufarbeitung der Missstände ist mit
Sonderprüfungsbericht und Geschäftsbericht 2021 keinesfalls abgeschlossen. Für
Investoren wird die Frage drängender, ob Pflichtverletzungen vorliegen. Die
Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger hat schon gehandelt. Sie hat eine
rechtliche Prüfung in Auftrag gegeben, um mögliche Schadenersatzansprüche
untersuchen zu lassen.

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