Markt-Update: Höchste Inflationsrate seit 40 Jahren in Großbritannien lässt Sorgen wieder wachsen - Tui im Keller, Hometogo volatil

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Aus Furcht vor den wirtschaftlichen Folgen der anhaltend hohen Inflation fassen Anleger europäische Aktien nur mit spitzen Fingern an. Der Dax musste bis zum Nachmittag rund 0,8 Prozent abgeben und notiert derzeit auf einem Niveau von 14.060 Punkten. Der Eurostoxx 50 liegt gut 1,4 Prozent im Minus.

"Der Anstieg der britischen Inflationsrate auf den höchsten Stand seit 40 Jahren schürt Rezessionsängste", sagte Analystin Susannah Streeter vom Brokerhaus Hargreaves Landsdown. Bislang hätten viele Unternehmen die gestiegenen Kosten weitergeben können. "Aber die Sorge bleibt, wie lange die Verbraucher diesen Preis noch zahlen werden." In Großbritannien kletterte die Teuerungsrate im April auf neun Prozent. Die Inflation in der Euro-Zone lag mit 7,4 Prozent wie im Vormonat auf Rekordniveau.

Vor diesem Hintergrund befürchteten einige Rohstoff-Anleger eine sinkende Nachfrage und verkauften unter anderem Kupfer. Das Industriemetall verbilligte sich um ein Prozent auf 9268 Dollar je Tonne. Der europäische Future auf Weizen verlor ein knappes Prozent auf 428 Euro je Tonne.

Euro und Pfund unter Druck – King Dollar ist zurück

Am Devisenmarkt überschatteten die Rezessionsängste die Spekulationen auf Zinserhöhungen der Europäische Zentralbank (EZB) und der Bank von England (BoE). Euro und Pfund Sterling gaben 0,2 Prozent auf 1,0522 Dollar beziehungsweise 0,5 Prozent auf 1,2429 Dollar nach. Notenbanken wandelten auf einem schmalen Grat, gab Anlagestratege Ambrose Crofton von der Vermögensverwaltung der US-Bank JPMorgan zu bedenken. Höben sie die Zinsen zu aggressiv an, stürzten sie die Konjunktur in eine Rezession. Seien sie zu passiv, drohe eine hartnäckige Lohn-Preis-Spirale.

Investoren gingen daher auf Nummer sicher und deckten sich mit der Weltleitwährung ein. Diese erhielt zusätzlichen Auftrieb vom erneuten Bekenntnis der US-Notenbank zum Kampf gegen die Inflation. Fed-Chef Jerome Powell schloss dabei drastischere Zinsschritte nicht aus. Daraufhin legte der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, mit einem Plus von 0,2 Prozent auf 103,48 Punkte wieder Kurs auf sein jüngstes 19-1/2-Jahres-Hoch.

Schluckt Siemens Energy Siemens Gamesa komplett?

Bei den deutschen Aktienwerten rückte Siemens Energy ins Rampenlicht. Der Energietechnik-Konzern denkt über eine Komplett-Übernahme seiner kriselnden Windkraft-Tochter Siemens Gamesa nach. Deren Papiere steuerten in Madrid mit einem Plus von zeitweise fast 15 Prozent auf den größten Tagesgewinn seit mehr als zwei Jahren zu. Siemens Energy rückten knapp zwei Prozent vor. Dieser lang erwartete Schritt wäre strategisch sinnvoll, sagte ein Börsianer.

Nordex und Vestas ebenfalls stark

Die Titel der Gamesa-Rivalen Nordex und Vestas waren ebenfalls gefragt und gewannen bis zu 2,2 Prozent. Sie profitierten Börsianern zufolge von den Plänen Deutschlands und anderer EU-Staaten, die Stromgewinnung in Offshore-Windparks bis 2050 zu verzehnfachen.

Übernahmespekulationen im Banken-Sektor

Gleichzeitig erweckte ein Bericht der "Financial Times" alte Übernahmespekulationen um Commerzbank und Unicredit wieder zum Leben. Der Ukraine-Krieg habe die Anfang 2022 geschmiedeten Pläne für informelle Gespräche allerdings durchkreuzt. Die Aktien der beiden Geldhäuser legten dennoch 4,5 beziehungsweise 2,8 Prozent zu.

TUI unter enormen Druck

Die Papiere von TUI steuerten dagegen mit einem Minus von zeitweise gut zwölf Prozent auf den größten Tagesverlust seit fast eineinhalb Jahren zu. Der Touristik-Konzern sammelte bei Anlegern 425 Millionen Euro frisches Kapital ein, um Staatshilfen zurückzuzahlen. Liquiditäts- und Bilanzrisiken blieben aber bestehen, warnte Analystin Becky Lane von der Investmentbank Jefferies.

Hometogo weiter schwankend mit nächstem Kurssprung

Die jüngste Berg- und Talfahrt geht am Mittwoch bei Hometogo mit einem Kurssprung weiter. Bei regem Umsatz legten die Titel um 12 Prozent auf 3,00 Euro zu. Am Vortag waren sie anfangs wegen einer aktualisierten Prognose für 2022 noch mächtig angezogen, dann aber um bis zu 15 Prozent eingebrochen.

Analysten äußerten sich nun ermutigend zur Perspektive für den Vermieter von Ferienhäusern und Ferienwohnungen. Deutsche Bank Research und die Berenberg Bank bestätigten jeweils ihre Kaufempfehlungen mit Kurszielen, die mit 9 und 11 Euro ein Vielfaches des aktuellen Kursniveaus betragen. Das erste Quartal sei stark gewesen und die Strategie des Unternehmens mache sich bezahlt, lobte Silvia Cuneo von der Deutschen Bank.

onvista/dpa-AFX/reuters

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