Milliarden-Rückstellung sorgt bei Deutscher Bank für Verlust

Düsseldorf (Reuters) - Die Schatten der Vergangenheit lasten auf der Quartalsbilanz der Deutschen Bank: Eine milliardenschwere Rückstellung für einen Rechtsstreit um die 2010 abgeschlossene Postbank-Übernahme sorgte im zweiten Quartal unter dem Strich und nach Anteilen Dritter für einen Verlust von 143 Millionen Euro.
Ohne Berücksichtigung der Postbank-Rückstellung von 1,3 Milliarden Euro summierte sich der Vorsteuergewinn auf 1,7 Milliarden Euro, verglichen mit 1,4 Milliarden Euro im Vorjahresquartal, wie der deutsche Branchenprimus am Mittwoch mitteilte. Dabei lief es im operativen Geschäft der Investmentbank rund. Dort legten die Erträge gegenüber dem zweiten Quartal 2023 um zehn Prozent auf 2,6 Milliarden Euro zu. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing sieht das Institut auf Kurs: "Wir (sind) weiterhin auf einem guten Weg, unsere Ziele für 2025 zu erreichen – einschließlich der angestrebten Ausschüttung an unsere Aktionäre", betonte er.
Mit dem Verlust, der nur halb so hoch lag wie von Analysten befürchtet, riss eine Serie von 15 Gewinn-Quartalen. Sewing hatte unter anderem die Kosten des Geldhauses gedrückt. Der Sparkurs bleibt: "Wir sehen zudem Spielraum für weitere Einsparungen bei den bereinigten Kosten, da unser operatives Effizienzprogramm vorankommt", sagte Finanzchef James von Moltke. Jeder weitere Schritt, mit dem das Institut effizienter werde, gebe zusätzlichen Spielraum für Investitionen, ergänzte Sewing in einem Brief an die Mitarbeiter. Das Institut kündigte zudem an, dass die Risikovorsorge im laufenden Jahr höher als angenommen ausfallen könnte. "Für das Jahr 2024 geht die Bank nun davon aus, dass die Risikovorsorge leicht über 30 Basispunkten des durchschnittlichen Kreditbuchs und damit über der bisherigen Erwartung liegen wird", hieß es im Quartalsbericht. Im zweiten Quartal kletterte die Risikovorsorge im Kreditgeschäft auf 476 Millionen Euro - vor Jahresfrist waren es noch 401 Millionen Euro gewesen.
Im vorbörslichen Handel bei Lang & Schwarz fielen die Deutsche-Bank-Aktien um 1,5 Prozent. Ein Händler bezeichnete die Zahlen als gemischt. Im laufenden Jahr liege die Risikovorsorge höher als erwartet, der Ausblick für 2025 sei aber bekräftigt worden. "In Summe könnte das als leicht negativ gewertet werden."
POSTBANK MACHT PROBLEME
Die Deutsche Bank steht mit den Zuwächsen im Geschäft der Investmentbank nicht allein. Auch bei vielen US-Instituten glänzte das Investmentbanking. Das Geschäft mit der Beratung von Übernahmen und Kapitalmaßnahmen hat weltweit angezogen, US-Banken wie JP Morgan oder Goldman Sachs hatten ebenfalls davon profitiert. Analysten rechneten bereits damit, dass die Investmentbank bis 2026 Triebfeder für das Geschäft der Deutschen Bank bleibt.
Das Frankfurter Geldhaus hatte im April eingeräumt, dass die 2008 eingeleitete und 2010 abgeschlossene Übernahme der Postbank ein teures Nachspiel für sie haben könnte. Hintergrund ist ein juristischer Streit vor dem Oberlandesgericht Köln (OLG). Dieses habe in einer mündlichen Verhandlung angedeutet, dass den Postbank-Aktionären doch ein höherer Preis zugestanden haben könnte. Die Nachzahlung beliefe sich auf bis zu 700 Millionen Euro, dazu kommen in 14 Jahren aufgelaufene Zinsen von rund 600 Millionen. Das Gericht hat nach Angaben des Geldhauses Vergleichsverhandlungen angeregt. Die Deutsche Bank werde "sorgfältig" prüfen, ob sie sich darauf einlasse, obwohl man die Ansicht der Kläger "weiterhin nachdrücklich" für falsch halte. Kommt es nicht zu einer außergerichtlichen Einigung, will das OLG am 21. August eine Entscheidung fällen.
Mit der Übernahme der Postbank wollte die Deutsche Bank eigentlich ihre Kundenbasis verbreitern und das Geschäft weniger abhängig von Auf und Ab im Investmentbanking machen. Doch die Hoffnungen erfüllten sich nicht. Stattdessen macht die Postbank immer wieder Negativ-Schlagzeilen. Im vergangenen Jahr sollte die Postbank-IT in die der Deutschen Bank integriert werden. Tausende Postbank-Kunden beklagten sich aber, dass sie online über Wochen nicht auf ihre Konten zugreifen konnten. Das rief sogar die Finanzaufsicht BaFin auf den Plan.
(Bericht von Matthias Inverardi und Tom Sims, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)