Bahn hebt Preise im Fernverkehr wegen vieler Verspätungen nicht an

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Berlin (Reuters) - Die Deutsche Bahn hebt ihre Preise im Fernverkehr für das nächste Jahr nicht an.

"Wir wollen mit stabilen Preisen ein klares Zeichen setzen", sagte ein Sprecher des Staatskonzerns am Freitag. Auch Bahncards würden sich nicht verteuern. Dies sei eine Reaktion auf die vielen Verspätungen. Außerdem solle verhindert werden, dass Kunden auf andere Verkehrsmittel umsteigen.

Im September 2025 waren lediglich gut 55 Prozent aller ICE- und IC-Züge pünktlich, deutlich weniger als ein Jahr zuvor. Als pünktlich gelten Züge bis zu einer verspäteten Ankunft von unter sechs Minuten. Hauptgrund dafür ist das marode Schienennetz, das in den nächsten zehn Jahren umfangreich saniert werden soll.

Der Fahrgastverband "Pro Bahn" begrüßte die Ankündigung. Angesichts der Leistung der Bahn wäre eine Anhebung der Preise für Kunden nicht verständlich gewesen.

EVG: PREISHAMMER WIRD NOCH KOMMEN

Die Eisenbahngewerkschaft EVG teilte mit, der Preishammer werde vermutlich mit Verspätung kommen. "Denn die finanzielle Lage der Bahn im Fernverkehr ist extrem angespannt und wurde durch die Politik vor kurzem noch verschärft", sagte EVG-Chef Martin Burkert, der auch im Aufsichtsrat des Konzerns sitzt. "Die ausgebliebene Erhöhung der Trassenpreisförderung hätte eigentlich zu steigenden Preisen und einem sinkenden Angebot führen müssen." Jetzt gehe es Richtung Verschuldung, was aber nicht auf Dauer durchzuhalten sei. "Bleibt die Politik tatenlos, steigen nicht nur die Preise, auch das Angebot würde ausgedünnt werden."

Die Bahn will das Netz aber nicht ausdünnen, was manche Experten als Hebel sehen, um im viel belasteten Netz pünktlicher zu werden. Das gesamte Angebot im Fernverkehr bleibt 2026 trotz vieler Baustellen konstant. Auf der Strecke Berlin-Stuttgart soll es eine neue Sprinterverbindung geben. Von dieser schnellen Verbindung ohne viele Haltestellen soll es auch zwischen München und Berlin mehr Optionen für Kunden geben. Dafür schränkt die Bahn auf bestimmten Routen, die langsam sind oder weniger nachgefragt werden, ihr Angebot ein, beispielsweise im Saaletal. In einer Bahn-Präsentation für den Bundestag heißt es, der Fernverkehr abseits der Hauptrouten sei in aller Regel nicht wirtschaftlich.

Die Bahn fährt seit langem Verluste ein. Zuletzt hieß es, 2025 sollten aber zumindest operativ schwarze Zahlen geschrieben werden. In den ersten sechs Monaten fiel vor Steuern und Zinsen ein operatives Ergebnis von minus 239 Millionen Euro an. Auch die Fernverkehrssparte war defizitär.

Auch Matthias Gastel, Bahn-Experte der Grünen im Bundestag, rechnet mittelfristig mit stark steigenden Preisen, sollte die Bundesregierung die Trassenpreise nicht drücken. "Diese sind einer der größten Kostenfaktoren im Schienenverkehr. Bei den ICE entfallen deutlich mehr als 20 Prozent der Ticketpreise auf die Schienenmaut. Wenn die Bundesregierung will, dass Bahnfahren attraktiv und bezahlbar bleibt, muss sie hier ansetzen."

Das Verkehrsministerium wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Es hatte zuletzt das Ziel ausgegeben, dass im Fernverkehr bis 2029 eine Pünktlichkeitsquote von mindestens 70 Prozent erreicht werden soll. Die Bahn hatte bislang aber schon für 2027 eine Pünktlichkeit von 75 bis 80 Prozent angestrebt.

(Bericht von Christian Krämer. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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