Türkei: Staatsanwalt fordert 2000 Jahre Haft für Imamoglu
Istanbul (Reuters) - Die türkische Staatsanwaltschaft fordert eine mehr als 2000-jährige Haftstrafe für den Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu und strebt ein Verbot seiner Oppositionspartei CHP an. Wie aus einer der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag vorliegenden Anklageschrift hervorgeht, wird Imamoglu die Führung eines riesigen Korruptionsnetzwerks vorgeworfen. Seine Partei wies die Vorwürfe als "absurd" zurück.
Der Istanbuler Generalstaatsanwalt Akin Gürlek teilte auf einer Pressekonferenz mit, die Anklage richte sich gegen Imamoglu und 401 weitere Verdächtige. Ihnen werden die Bildung einer kriminellen Vereinigung, Bestechung, Betrug und die Manipulation von Ausschreibungen vorgeworfen. Das Netzwerk soll dem türkischen Staat über einen Zeitraum von zehn Jahren einen Schaden von 160 Milliarden Lira (umgerechnet 3,61 Milliarden Euro) verursacht haben. Die mehr als 4000 Seiten umfassende Anklageschrift beruft sich auf Erkenntnisse der Finanzermittlungsbehörde Masak sowie auf Expertenanalysen und Beweismaterial.
CHP NENNT VORWÜRFE "ABSURD" UND "SCHÄNDLICH"
In einem separaten Schritt beantragte die Staatsanwaltschaft bei einem höheren Gericht, ein Verbot der CHP zu prüfen. Zur Begründung hieß es, die Partei sei durch illegale Gelder finanziert worden, und ihre Transaktionen stellten "verbotene Handlungen" dar. Der Istanbuler CHP-Vorsitzende Özgür Celik bezeichnete die Anklage auf der Plattform X als "absurd" und "schändlich". Sie ziele darauf ab, Imamoglus Hoffnungen auf eine Präsidentschaftskandidatur zu zerstören.
Imamoglu, der als wichtigster politischer Rivale von Präsident Recep Tayyip Erdogan gilt, sitzt seit März wegen Korruptionsvorwürfen in Untersuchungshaft. Er hat die Anschuldigungen stets als politisch motiviert zurückgewiesen. Die Regierung bestreitet dies und verweist auf die Unabhängigkeit der türkischen Gerichte. Im Juli war der Bürgermeister bereits in einem anderen Verfahren wegen Beleidigung zu einer Haftstrafe verurteilt worden, wogegen er Berufung eingelegt hat.
(Bericht von Jonathan Spicer und Tuvan Gumrukcu; Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von Christian Rüttger; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)



