EZB-Notenbanker stellen keine Zinssenkungen in Aussicht
Frankfurt/Berlin, 08. Dez (Reuters) - Führende Vertreter der Europäischen Zentralbank (EZB) erteilen weiteren Zinssenkungen eine Abfuhr.
"Ich sehe keinen Anlass, in den kommenden Monaten zu handeln", sagte der slowakische Notenbankchef Peter Kazimir in einem am Montag veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Eine Lockerung der Geldpolitik bei der anstehenden EZB-Sitzung in der kommenden Woche schloss das Ratsmitglied aus: "Auf keinen Fall im Dezember, danach werden wir sehen." Die deutsche EZB-Direktorin Isabel Schnabel rechnet sogar eher mit einer Anhebung als mit einer Senkung als nächstem Schritt. Die Finanzmärkte würden dies so erwarten, wenn auch nicht in nächster Zeit. "Ich fühle mich mit diesen Erwartungen recht wohl", sagte Schnabel der Nachrichtenagentur Bloomberg.
Beide Währungshüter verwiesen auf die noch nicht gänzlich besiegte Inflation. "Die Kerninflation ist etwas stärker und die Lohnmäßigung ist etwas langsamer", sagte Kazimir. Es sei wichtiger geworden, wachsam gegenüber Aufwärtsrisiken zu bleiben. Auch Schnabel verwies auf die vergleichsweise hohe Kerninflation, bei der die stark schwankenden Energie- und Lebensmittelpreise herausgerechnet werden. Diese falle in eine Zeit, in der sich die Wirtschaft erhole und die Fiskalpolitik expandiere. Dies schaffe die Voraussetzungen für eine Beschleunigung des Preiswachstums, warnte Schnabel.
Den Arbeitsmarkt bezeichnete Kazimir als weiterhin sehr widerstandsfähig. Das Wirtschaftswachstum könne etwas besser ausfallen als erwartet. "Wir müssen geduldig sein und brauchen mehr Klarheit", sagte das EZB-Ratsmitglied mit Blick auf den künftigen Zinskurs. Die EZB hat ihren Leitzins von Mitte 2024 bis Mitte 2025 von vier auf zwei Prozent halbiert, weil die Inflation nachgelassen hat. Seither blieb der Zinssatz unverändert.
An den Finanzmärkten wird gerätselt, ob und wann eine weitere Zinssenkung kommen könnte - auch, um mit billigerem Geld das maue Wachstum in der Währungsunion anzuschieben. "Die Zinspolitik ist kein Heilmittel für die Probleme Europas, da es sich dabei tendenziell um strukturelle Probleme handelt", sagte Kazimir. Die Geldpolitik müsse Sicherheit bieten.
Insbesondere Europas größte Volkswirtschaft Deutschland schwächelt. Als Gründe dafür gelten hohe US-Zölle, die wachsende Konkurrenz durch China und hohe Standortkosten.
(Bericht von Balazs Koranyi und Rene Wagner, redigiert von Sabine Wollrab und Christian Rüttger - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)



