Bitcoin: Bricht in Nordamerika ein neuer digitaler Goldrausch aus? Mining-Unternehmen blicken gen Westen

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Der Bitcoin kämpft weiterhin mit seinem Abwärtstrend, der den Preis nun seit sechs Monaten in Bann hält. Seit dem Jahreshoch im Sommer bei über 13.700 US-Dollar beläuft sich der Rückgang auf knapp 50 Prozent. Year to Date steht allerdings immer noch ein Plus von weit über 50 Prozent zu Buche. Die technischen Analysten sind sich weiter unsicher, was die unmittelbare Preisentwicklung angeht und es wird mittelfristig auf das im Sommer 2020 anstehende Bitcoin-Halving geschaut, um weitere tiefgreifende Preistendenzen zu erkennen.

Neuer digitaler Goldrausch in Nordamerika?

Auf der Industrie-Ebene der Bitcoin-Blockchain-Ökonomie tut sich allerdings einiges, wie aus einem neuen Bericht der Nasdaq hervor geht. Zuletzt hat China seine Töne gegenüber der Blockchain-Technologie wieder in positivere Nuancen getaucht und sogar Unternehmen, die Bitcoin-Mining betreiben, von der Liste der unerwünschten Wirtschafts-Sektoren gestrichen. Dennoch bleibt die regulatorische Unsicherheit im Reich der Mitte weiter groß, obwohl es eines der Hauptadern der Mining-Industrie mit vielen ansässigen Unternehmen ist. Laut dem Nasdaq-Bericht scheint jedoch nun auch Nordamerika ein neuer Hotspot für die Mining-Industrie zu werden.

„Angesichts der anhaltenden regulatorischen Unsicherheiten in China und der relativen Stabilität hier sowie der reichlich vorhandenen billigen Energie erkennen Betreiber und Investoren, dass Nordamerika eine wünschenswerte Option für das Bitcoin-Mining ist“, wird Ryan Porter in dem Bericht zitiert, Leiter der Geschäftsentwicklung bei BitOoda, einem Finanzdienstleistungs- und Maklerunternehmen, das Bitcoin-Mining-Unternehmen und -Investoren im Bitcoin-Bereich in Bezug auf Anlagestrategien und Risikomanagement berät. Laut Porter hat die Zahl der Anfragen 2019 massiv zugenommen und man würde ein potenziell explosives Wachstum in den USA und Kanada sehen.

Der Mining-Sektor könnte neuer Nutzer verlassener Industriekomplexe werden

Viele Unternehmen schauen in diesen Regionen auf verlassene Industriegelände, die sich für Mining-Firmen eignen könnten, da sie in diesen Gebiet oft auf eine reichliche Versorgung mit billigem Strom zurückgreifen können. In dem Bericht heißt es, dass in Gebieten wie beispielsweise Zentral-Texas bereits lokale Wirtschaftsförderer mit Unternehmen wie Bitmain zusammenarbeiten, um Standorte zu übernehmen. So ist beispielsweise der verlassene Alcoa-Aluminium-Schmelzkomplex in Rockdale bereits mit einem eingebauten Kraftwerk und Stromleitungen ausgestattet. Bitmain ist der größte Mining-Pool der Welt, ein Zusammenschluss aus mehreren Akteuren, die ihre Rechenpower kombinieren, um so den größtmöglichen Ertrag beim Mining zu erwirtschaften.

CoinShares, ein Dienstleister und Berater im Blockchain-Sektor, hat im Juni 2019 eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass durch den wirtschaftlichen Wandel von einer industrialisierten zu einer postindustriellen Wirtschaft viele stillgelegte Anlagen mit Stromerzeugungskapazitäten zur Verfügung stehen würden und die Mining-Industrie davon profitieren könne, um als neuer Nutzer dieser nun verlassenen Infrastruktur in letzter Instanz aufzutreten. In dem Bericht heißt es zudem, dass der Sektor seine Stromabdeckung schätzungsweise bereits zu knapp 75 Prozent aus erneuerbaren Energien bezieht und daher stärker auf erneuerbare Energien ausgerichtet ist als fast jede andere Großindustrie der Welt.

Mining bleibt weiter volatil

Langfristig, seit dem Start der Bitcoin-Blockchain bis heute, ist der Mining-Sektor kontinuierlich gewachsen. Die sogenannte Hash-Rate, also die Menge an Rechenpower, die in dem Netzwerk zur Verfügung steht, ist steig weiter gewachsen und seit Anfang 2017 ähnlich exponentiell in die Höhe geschossen, wie der Bitcoin-Preis. Zuerst nur von Privat-PCs am laufen gehalten, hat sich mittlerweile eine echte Industrie gebildet, mit Unternehmen, die ganze Lagerhallen mit Hardware füllen, die nur dazu da ist, die Bitcoin-Blockchain zu betreiben und Transaktionen zu verarbeiten.

Entwicklung der Hash Rate des Bitcoin Netzwerks von 2009 bis heute (0 TerraHash bis derzeit etwa 90.000 TerraHash) – Quelle: blockchain.com


Die Balance im Mining-Sektor durch Rechenpower und Preis

Dennoch bleibt der Sektor weiter volatil, nicht nur wegen der regulatorischen Unsicherheiten, die sich in Teilen bereits zu klären beginnen. Auch der Preis ist weiterhin ausschlaggebend, zuletzt gesehen in Q4 2018, als der BTC-Preis schnell von 6000 auf 3000 Dollar gefallen ist. Als ein Grund dafür wurde die sogenannte „Miner-Kapitulation“ vermutet. Miner sind darauf angewiesen, einen Teil ihrer geschürften Bitcoin auf den Markt zu werfen, um die monatlichen Betriebskosten zu decken: Stromkosten, Miete für Gebäude, Hardware-Wartung, Personalkosten etc. Abhängig von der Hash-Power, die bestimmt wie viel Rechenleistung und damit Stromverbrauch nötig ist, um Bitcoin lukrativ zu schürfen, gibt es somit einen Mindest-BTC-Preis für die Miner, damit sich der Aufwand lohnt.

Viele der Mining-Unternehmen werfen nicht alle ihre BTC-Erträge auf den Markt, sondern lagern einen Teil der geschürften Bitcoin auf ihren Wallets. Sollte die Preisentwicklung längere Zeit unter diesem Mindestwert liegen, bzw. sehr nahe an der Null-Marge, erhöht sich der Druck auf die Mining-Unternehmen, da die Gewinne entsprechend schwinden. In der Folge wird mehr BTC auf den Markt geworfen, um die laufenden Kosten zu decken und gleichzeitig Hardware aus dem Netzwerk gezogen, um Stromkosten zu sparen, oder je nachdem gehen einige Mining-Unternehmen sogar komplett pleite, abhängig von der Größe und Liquidität. In dem Chart oben ist das an dem Einbruch der Hash-Rate in Q4 2018 deutlich zu erkennen. Hash-Rate und Preis befinden sich somit in einer Wechselwirkung zueinander.

Im Zuge des letzten massiven Aufschwungs seit Anfang 2017 sind viele neue Mining-Unternehmen dazu gekommen, von denen einige im darauf folgenden Bärenmarkt 2018 wieder in die Knie gegangen sind. Wie man sieht, ist die Hash-Rate seitdem jedoch wieder deutlich gestiegen, was für weiteren Wachstum der Mining-Industrie spricht.

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Von Alexander Mayer

Titelfoto: Jiap / Shutterstock.com

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