Deutsche Bank: Wie gewonnen so zerronnen – Aktie schließt nach deutlichem Plus doch im Minus

onvista · Uhr

Berichte über einen groß angelegten Konzernumbau haben den Aktien der Deutschen Bank am Montagmorgen nur vorübergehend Rückenwind geliefert. In der Spitze kletterten die Papiere zwar um 3,5 Prozent und damit erstmals seit fast zwei Monaten wieder über die Marke von 7 Euro. Im weiteren Handelsverlauf bröckelten die Gewinne aber wieder ab und die Aktie ging mit einem Minus von 0,4 Prozent aus dem Handel. Unter anderem hatte die Credit Suisse im Tagesverlauf das Kursziel für das größte deutsche Finanzinstitut gesenkt.

Auslöser der anfänglichen Kursgewinne waren Berichte der Nachrichtenagentur Bloomberg und der US-Wirtschaftszeitung „Wall Street Journal“ vom Wochenende, wonach die Bank bis zu 20 000 Stellen und damit mehr als ein Fünftel der aktuellen Jobs streichen will. Die Berichte beriefen sich dabei auf Informationen von mehreren Insidern.

Schon innerhalb dieser Woche könnte es zu einer entsprechenden Ankündigung kommen, hieß es. Die Deutsche Bank ringt schon lange mit teils träge laufenden Geschäften und steht vor einem großen Umbau. „Wir sind zu harten Einschnitten bereit“, hatte der seit gut einem Jahr amtierende Konzernchef Christian Sewing Ende Mai auf der Hauptversammlung weitere Kürzungen angekündigt. Wegen schwächelnder Erträge will das Geldhaus die Kosten deutlich kürzen. Investoren warten seit langem auf eine Verbesserung bei den Gewinnaussichten des Konzerns.

Credit Suisse senkt das Kursziel

Die Schweizer Bank hat das Kursziel für die Deutsche Bank von 6,50 auf 6,00 Euro gesenkt und die Einstufung auf „Underperform“ belassen. Die laut Medienberichten geplante Bad Bank zur Auslagerung von Risiken könnte enttäuschen, schrieb Analyst Jon Peace in einer am Montag vorliegenden Studie. Allein beim letzten Versuch 2012 entstanden Restrukturierungskosten und Abwicklungsverluste von fast 12 Milliarden Euro. Trotz der jüngsten Berichte über einen massiven Stellenabbau gebe es immer noch Hinweise darauf, dass die Bank sehr viel ihrer Kapazitäten aufrecht erhalten will.

Anleger bleiben weiterhin skeptisch

Anfang Juni waren die Aktien der Deutschen Bank auf ein Rekordtief von rund 5,80 Euro gefallen. Seitdem hatten sie sich um rund 17 Prozent wieder etwas erholt. Allerdings liegt die Aktie auch aktuell auf Jahressicht mit leichten Verlusten noch unter den schwächeren Werten im Dax.

Finanzexperten schätzen Einschnitte bei den Jobs als größeren Hebel von Konzernchef Sewing ein, um die Gewinne zu steigern. Analyst Kian Abouhossein von der US-Investmentbank JPMorgan, der die Aktie für die Kunden der US-Bank seit vielen Jahren unter die Lupe nimmt, sieht darin eine größere Chance als im viel diskutierten Schrumpfen des Aktien- und Anleihegeschäfts außerhalb Europas. Das oder gar der Ausstieg aus dem Kapitalmarktgeschäft in verschiedenen Regionen wäre wohl nicht der große Wurf in puncto Rendite, schrieb der Branchenexperte im Juni.

Die Deutsche Bank müht sich seit Jahren, verschiedene Großbaustellen im Konzern in den Griff zu bekommen. Rechtsstreitigkeiten aus den Zeiten um die Finanzkrise vor zehn Jahren lähmten das Institut mit teuren Vergleichen und milliardenschweren Strafen über Jahre, zudem schwächelte auch das Tagesgeschäft.

Den Aktionären macht das Geldhaus insgesamt schon lange kaum mehr Freude. Vor Ausbruch der Finanzkrise 2007 notierte das Papier noch über 90 Euro. In den vergangenen fünf Jahren hat der Titel drei Viertel seines Wertes verloren. Gegenüber den europäischen und US-amerikanischen Rivalen hat die Bank beim Börsenwert deutlich an Boden verloren. Im Dax ist selbst der Zahlungsabwickler Wirecard mit gut 18 Milliarden Euro rund 4 Milliarden mehr wert als die größte deutsche Bank.

Von Markus Weingran / dpa-AFX

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Foto: phantomlord78 / Shutterstock.com

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