Spitzengespräch zum Lieferkettengesetz bringt keinen Durchbruch
Berlin (Reuters) - Das Spitzengespräch zum geplanten Lieferkettengesetz hat keinen Durchbruch gebracht.
Das SPD-geführte Arbeitsministerium teilte am Freitag in Berlin mit, es habe eine Annäherung in wichtigen Sachfragen gegeben, aber noch keinen Abschluss. Ziel bleibe es, ein wirksames Lieferkettengesetz noch in dieser Wahlperiode zu verabschieden. "Das Ziel ist, unternehmerische Sorgfaltspflichten für Menschenrechte verbindlich zu machen und menschenwürdige Arbeitsbedingungen in der gesamten Lieferkette zu sichern."
Auch Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) pocht auf ein solches Gesetz, in dem Unternehmen und Wirtschaftsverbände eine Gefahr für den Standort Deutschland sehen. Ein Sprecher des Ministeriums sprach von intensiven Verhandlungen. "Es gab gute Fortschritte bei vielen Punkten, aber noch nicht bei allen ist man am Ziel." Details wurden nicht genannt.
Seit Monaten ringt die große Koalition hierzu um einen Kompromiss. Firmen sollen per Gesetz verpflichtet werden, Menschenrechte bei ihren Lieferanten im Ausland durchzusetzen und Umweltstandards einzuhalten. Heil und Müller zufolge sind freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie gescheitert, weil sich daran nur gut ein Fünftel der Betriebe hält. Im Fokus sind unter anderem die Lebensmittel- und Textilbranche. So soll es künftig weniger Kinderarbeit und Hungerlöhne geben, um Produkte wie Teebeutel, Schokolade, Jeans oder Laptops möglichst billig herzustellen.
Die große Koalition hat sich vorgenommen, aktiv zu werden, wenn freiwillige Maßnahmen der Unternehmen nicht ausreichen. Über die Details gibt es aber Streit. Vor allem das von CDU-Politiker Peter Altmaier geführte Wirtschaftsministerium steht bei dem Vorhaben auf der Bremse. Es fürchtet eine Überforderung von Unternehmen, vor allem kleineren. Insider sagten, Streitpunkte seien weiterhin eine zusätzliche zivilrechtliche Haftung der Unternehmen für ihre Lieferanten und die Frage, wie viele Stufen der Lieferkette einbezogen werden sollen. Allein Volkswagen hat weltweit rund 40.000 Lieferanten. Die Abstimmungen sollten demnächst weitergehen, hieß es in Regierungskreisen.
Wolfgang Steiger vom Wirtschaftsrat der CDU forderte die Regierung auf, das Vorhaben zu stoppen. Er verwies auf die heftige Rezession 2020 im Zuge der Coronavirus-Pandemie. In dieser Zeit sollte die Politik Unternehmen keine neuen Steine in den Weg legen. "Statt immer neuer bürokratischer Vorgaben braucht die Wirtschaft jetzt dringender denn je ein Belastungsmoratorium." Keinesfalls dürfe es einen deutschen Alleingang geben. Wenn überhaupt sollte ein Lieferkettengesetz auf europäischer Ebene oder im Rahmen der 20 führenden Industrie- und Entwicklungsländer (G20) angestrebt werden.
Kanzlerin Angela Merkel, Kanzleramtschef Helge Braun (beide CDU), Vize-Kanzler Olaf Scholz (SPD) sowie die drei zuständigen Minister hatten an dem Spitzengespräch am Freitag teilgenommen.