Streit um Corona-Bonds tobt weiter

dpa-AFX · Uhr

Italienische Politiker dafür

Brüssel/München (dpa) - Deutschland stemmt sich gegen den wachsenden Druck zur gemeinsamen Schuldenaufnahme in Europa. Corona-Bonds seien der falsche Weg, erklärten Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und CSU-Chef Markus Söder gemeinsam in München.

Hilfen an die in der Krise besonders betroffenen Länder seien richtig, sollten aber aus dem Eurorettungsschirm ESM oder über die Europäische Investitionsbank EIB kommen, betonten sie.

Der Streit über Corona-Bonds - also gemeinsame europäische Anleihen - entzweit die EU-Staaten. Italien, Spanien, Frankreich und andere fordern sie vehement, Deutschland, die Niederlande, Österreich und andere sind dagegen. Da sich die Staats- und Regierungschefs vorige Woche nicht einigen konnten, soll nun die Eurogruppe neue Vorschläge erarbeiten. Der Vorsitzende Mario Centeno hat sie für den 7. April angekündigt.

In einem Brief an die EU-Finanzminister erwähnte Centeno die Corona-Bonds zwar nicht direkt, ließ aber seine Haltung durchblicken: Die EU-Staaten sollten vorhandene Instrumente prüfen, aber auch offen für neue sein, heißt es in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Verschiedene Vorschläge sollten in Kombination betrachtet werden. Dagegen wollen sich Scholz und Söder auf die vorhandenen Instrumente ESM und EIB beschränken.

Der ESM (European Stability Mechanism) war 2012 auf dem Höhepunkt der Euro-Schuldenkrise etabliert worden, um taumelnden Euro-Staaten wie zum Beispiel Griechenland mit günstigen Krediten zu helfen und damit deren Zahlungsfähigkeit sicherzustellen. Das Kapital des ESM wurde anteilig von den einzelnen Euromitgliedern bereitgestellt. Somit ist die Haftung einzelner Staaten auf deren Kapitalbeitrag begrenzt. Eine gemeinsame Schuldenaufnahme von EU-Mitgliedern gibt es dagegen bislang nicht und könnte auch auf hohe rechtliche Hürden stoßen, zumal die Finanzierung einzelner EU-Mitglieder durch andere nach den EU-Verträgen nicht gestattet ist.

Scholz und Söder bekannten sich zu europäischer Solidarität, um die hohen Kosten für die Gesundheitsversorgung und zur Stabilisierung der Wirtschaft in der Pandemie zu tragen. Corona-Bonds seien aber der falsche Weg. Scholz verwies auf das Volumen des ESM von insgesamt 500 Milliarden Euro zur Kreditvergabe - davon sind nach Angaben des ESM derzeit 410 Milliarden verfügbar. Scholz sagte, in den Rettungsfonds sei sehr viel Eigenkapital eingezahlt worden, insgesamt 80 Milliarden Euro. Damit könne sehr stabil und auch mit einem erstklassigen Rating geholfen werden.

Mit Hilfe der Investitionsbank EIB könnten zudem auf europäischer Ebene die gleichen Investitionsmechanismen greifen wie in Deutschland. «Meine Zielsetzung ist, dass wir dort ein Programm möglich machen, das bis zu 50 Milliarden Euro Kreditvolumen umfasst», sagte Scholz. Söder pflichtete bei: «Also Bonds nein, ESM ja, und Investitionsbank. Ich glaube, das ist der faire Weg, Europa zu helfen und gleichzeitig auch die Stabilität des Euro auf Dauer zu halten.»

Etlichen EU-Staaten reicht das nicht. In einer ganzseitigen Zeitungsanzeige in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» wandten sich italienische Politiker direkt an die Deutschen und warben um Zustimmung für Corona-Bonds. Es gehe nicht um die Vergemeinschaftung der öffentlichen Altschulden, sondern um ausreichende Mittel für einen großen europäischen Rettungsplan, schrieben sie.

Die italienischen Abgeordneten und Bürgermeister aus verschiedenen Parteien erinnerten an das Londoner Schuldenabkommen von 1953, als 21 Länder Deutschlands Schulden halbiert und den Rest gestundet hätten. Italien sei noch heute überzeugt von der Richtigkeit dieser Entscheidung. Deutschland habe damals die Staatspleite vermeiden können und Solidarität erfahren.

Die Verfasser üben zudem scharfe Kritik an den Niederlanden, die sich ebenfalls gegen europäische Gemeinschaftsanleihen wehren. Auch in den Niederlanden selbst ist die harte Haltung von Ministerpräsident Mark Rutte umstritten. Seine Koalitionspartner ChristenUnie und D66 fordern großzügige Hilfen für besonders hart getroffene Länder wie Italien und Spanien.

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