Wirecard-Aktie steigt um 70 %: Doch darum sollten Investoren weiterhin vorsichtig sein!
Die Aktie von Wirecard hat zu Beginn der neuen Woche einen starken kurzzeitigen Turnaround hingelegt. Nachdem die Aktie zum Ende der letzten Woche bei ca. 1,42 Euro aus dem Handel gegangen ist, notieren die Anteilsscheine zum Zeitpunkt meines Verfassens wieder bei 2,19 Euro (29.06.2020, ca. 9.30 Uhr) . Das entspricht einem Kursplus von über 70 %.
Doch trotz womöglich positiver Nachrichten, wonach das operative Geschäft zunächst fortgeführt werden soll, ist es für Investoren weiterhin ratsam, vorsichtig zu sein. Zum einen, weil das operative Geschäft unterm Strich defizitär sein könnte, und es zum anderen einen gigantischen Vertrauensverlust, einen Bilanzskandal und ein Insolvenzverfahren gibt. Stichworte, die weiterhin das hohe Maß an Unsicherheit demonstrieren sollten.
Allerdings auch aus einem anderen Grund, der letztlich mit Leerverkäufern zusammenhängen könnte. Auch die müssen schließlich irgendwann ihre Gewinne einstreichen.
Leerverkäufer als Kurstreiber?So könnten es nämlich jetzt unter anderem die Leerverkäufer sein, die für einen gewissen Teil der Aufwärtsdynamik verantwortlich sind. Einige haben hier in letzter Zeit auf einen Bilanzskandal gewettet. Teilweise auch auf eine Insolvenz. Deren Wette ist letztlich aufgegangen und sie konnten signifikante Gewinne durch die fallenden Kurse einstreichen. Wobei bei einem Aktienkurs von 1,42 Euro definitiv ein Tiefpunkt erreicht worden ist.
Sofern sich jetzt daher ein Teil der Leerverkäufer mit Aktien eindecken, führt das faktisch zu Käufen, die wiederum den Kurs massiv steigen lassen können. Nach einer Phase heftiger Volatilität und einer Marktkapitalisierung von zwischenzeitlich bloß noch ca. 0,2 Mrd. Euro führt ein solch hohes Volumen zu heftigeren Ausschlägen. Das könnte entsprechend ein Grund sein, weshalb die Aktie jetzt wieder massiv klettert.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Zuversicht in die Aktie zurückgekehrt ist. Womöglich ein Trugschluss, der an dieser Stelle sehr gefährlich sein könnte. Zumal es weiterhin starke Belastungsfaktoren gibt.
Denk dran: Bilanzskandal, Insolvenz, operative Einbußen!Im Endeffekt ist es gerade jetzt nämlich ein belastender Dreiklang, der noch tiefere Kurse nach sich ziehen könnte. Auslöser für alldas sind die fehlenden 1,9 Mrd. Euro in der Bilanz gewesen, die zum Skandal rund um Wirecard geführt haben. Sowie dazu, dass der DAX-Zahlungsdienstleister inzwischen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt hat.
Des Weiteren ist auch der operative Alltag womöglich defizitär. Das Management von Wirecard hat zwar inzwischen verkündet, dass man das operative Geschäft zunächst aufrechterhalten wolle. Es scheint allerdings unklar, inwieweit die Umsätze der Vergangenheit korrekt ausgewiesen worden sind. Mitsamt den real existierenden Kosten könnte das Geschäft entsprechend defizitär sein.
Zudem bahnt sich womöglich eine weitere Baustelle an: Mit Visa und Mastercard haben inzwischen zwei führende Kreditkartengesellschaften erklärt, dass man sich von Wirecard distanziere. Eine weitere Belastung des operativen Geschäfts, die womöglich noch schlimmer werden könnte. Es könnten schließlich auch weitere Kooperationspartner die Verbindung zum Noch-DAX-Konzern kappen.
Lass dich besser nicht täuschen!Foolishe Investoren sollten sich von der Volatilität in beide Richtungen daher nicht blenden lassen. Es könnten weiterhin Tage mit viel Bewegung auf die Aktie von Wirecard lauern. Allerdings ist das eher Zockerei. Unternehmensorientierte Investoren sollten sich hier besser distanzieren. Zumal auch das Kaufinteresse auf Leerverkäufer zurückzuführen sein könnte.
Der DAX-Konzern Wirecard besitzt nach wie vor ernst zu nehmende Probleme. Alleine die Worte Bilanzskandal, Insolvenz und operative Einbußen sollten das verdeutlichen. Hier heißt es im Zweifel besser: Finger weg.
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Vincent besitzt Aktien von Wirecard. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Mastercard und Visa.
Motley Fool Deutschland 2020
Foto: Wirecard AG