Uniper, Funktürme und Porsche dominieren M&A-Bilanz

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(Reuters) - Staatliche Rettungsaktionen, öffentliche Infrastruktur und die Folgen der Energiewende dominieren das Geschehen bei Fusionen und Übernahmen mit deutscher Beteiligung.

Auf umgerechnet fast 22 Milliarden Dollar veranschlagt der Finanzdatendienstleister Refinitiv die Rettung des Gas-Importeurs Uniper durch den deutschen Staat. Sie ist damit die mit Abstand größte Übernahme in diesem Jahr, wie aus der vorläufigen Rangliste von Refinitiv hervorgeht. Bei zwei der sechs größten Transaktionen geht es um Mobilfunkmasten, bei zwei weiteren um erneuerbare Energien. Insgesamt dreimal wurden zweistellige Milliardensummen bewegt.

Insgesamt hinkte das Volumen von Fusionen und Übernahmen (M&A) unter Beteiligung deutscher Unternehmen 2022 mit 155,2 Milliarden Dollar aber um 36 Prozent hinter dem Vorjahr her. Weniger war es zuletzt vor fünf Jahren. 2654 Transaktionen flossen bis Mitte Dezember in die Refinitiv-Statistik ein. In Europa waren deutsche Unternehmen als Übernahmeobjekte dabei weiterhin besonders gefragt; nur in Großbritannien kauften mehr ausländische Bieter zu. Umgekehrt blickten deutsche Unternehmen bei Übernahmen vor allem in die USA: Von dort stammen 40 Prozent der Firmen, die nach Deutschland verkauft wurden.

Trotz der unsicheren Konjunktur bleiben Finanzinvestoren in Deutschland aktiv. Bei jeder fünften Übernahme mit deutscher Beteiligung hatte ein Private-Equity-Fonds die Finger im Spiel; 2021 lag ihr Anteil nur bei 16 Prozent.

Der umgerechnet 8,8 Milliarden Dollar schwere Börsengang der Volkswagen-Tochter Porsche rettete die Bilanz im Geschäft mit Börsengängen und Kapitalerhöhungen (ECM) halbwegs. Nahezu zwei Drittel des gesamten Transaktionsvolumens von 14,1 Milliarden Dollar entfielen auf den Sportwagenbauer. Auch an den Anleihemärkten sah es angesichts der Unsicherheit über Inflation und Zinsen düster aus. Mit 329,5 Milliarden Dollar ging das Emissionsvolumen um 24 Prozent zurück und lag damit auf dem niedrigsten Niveau seit 2010. Das Geschäft mit riskanten und daher hochverzinsten Unternehmensanleihen brach regelrecht ein: um 78 Prozent.

DIE GRÖSSTEN ÜBERNAHMEN:

* Die UNIPER-Rettung wird für den deutschen Staat immer teurer. War zunächst noch von acht Milliarden Euro die Rede, um die Milliardenverluste angesichts rapide steigenden Gas-Einkaufspreise zu decken, gibt der Bund inzwischen mehr als 20 Milliarden Euro für Uniper aus und verstaatlicht den größten Gas-Importeur damit fast ganz. Und es könnte noch deutlich mehr werden. Der finnische Mutterkonzern Fortum steigt aus.

* Die DEUTSCHE TELEKOM verkauft 51 Prozent an hrer Funkturm-Tochter GD Towers für 10,7 Milliarden Euro inklusive Schulden an ein Konsortium aus dem kanadischen Vermögensverwalter Brookfield und DigitalBridge aus den USA. Der Mobilfunk-Rivale Vodafone ordnet die Eigentümerstruktur seiner Funkmasten-Tochter VANTAGE TOWERS neu. Für knapp vier Milliarden Euro steigen die Finanzinvestoren KKR und GIP mit bis zu 50 Prozent in das börsennotierte Unternehmen ein. Branchenkenner spekulieren schon über weitere Zusammenschlüsse von Funkturmbetreibern.

* Bei der PORSCHE AG stand der Börsengang im Mittelpunkt des Interesses, doch die größere Transaktion war die Übernahme von 25 Prozent der Stammaktien durch die Porsche-Piech-Familienholding Porsche SE. Sie zahlt für die stimmberechtigten Papiere einen Aufschlag von 7,5 Prozent auf den Ausgabepreis der Vorzüge an Volkswagen - macht insgesamt 10,1 Milliarden Euro. Einen Teil davon kassiert die Holding in Form einer Sonderdividende von Volkswagen.

* RWE ging in den USA auf Einkaufstour. Der Energiekonzern kauft dem New Yorker Regionalversorger Con Edison den Solaranlagen-Entwickler und -Betreiber Con Edison Clean Energy Businesses ab - für 6,8 Milliarden Dollar (damals 6,9 Milliarden Euro). Zur Finanzierung der größten Übernahme seit der Abspaltung von Innogy holte RWE den Staatsfonds von Katar, QIA, als künftigen Aktionär an Bord.

* SIEMENS ENERGY steht bei der Komplettübernahme der spanischen Windkraft-Tochter Siemens Gamesa vor dem Ziel. Das Übernahmeangebot lief in der vergangenen Woche aus, das Ergebnis soll in Kürze feststehen. Der Energietechnik-Konzern lässt sich die restlichen 33 Prozent an Siemens Gamesa bis zu 4,05 Milliarden Euro kosten. Siemens Energy hofft, das verlustträchtige Sorgenkind damit straffer führen und schneller sanieren zu können.

DIE ERFOLGREICHSTEN BERATER:

* Bei sieben der zehn größten Übernahmen hatten die Banker von Rothschild in diesem Jahr die Finger im Spiel. Mit 46 Transaktionen mit einem Volumen von 52,8 Milliarden Dollar setzte sich die Investmentbank an die Spitze der "League Tables" für den deutschen Markt. Dahinter folgt Vorjahressieger Deutsche Bank mit 44,5 Milliarden Dollar knapp vor der US-Investmentbank Goldman Sachs (44,2 Milliarden Dollar). Barclays katapultierte sich mit 41,4 Milliarden Dollar von hinteren Rängen auf Platz vier. Mit Perella Weinberg und Lazard landeten zwei Berater ohne eigenes Kreditbuch noch vor den US-Riesen Morgan Stanley, JPMorgan und Bank of America.

* Im Geschäft mit Eigenkapital-Emissionen (ECM) liegt die Deutsche Bank mit acht Platzierungen und einem Erlös von 1,68 Milliarden Dollar vorne. Auf Platz zwei folgt Morgan Stanley mit 1,55 Milliarden Dollar.

* Bei Fremdkapital-Transaktionen behauptet die Deutsche Bank mit 107 Deals im Volumen von 26,0 Milliarden Dollar den Platz an der Sonne. Ihr Marktanteil sinkt aber auf 7,9 von 9,7 Prozent. JPMorgan schiebt sich mit 23,0 Milliarden auf Rang zwei vor die Commerzbank mit 17,4 Milliarden.

(Zusammengestellt von Alexander Hübner in München. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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