ROUNDUP 2: Eon-Finanzchef erwartet Rückenwind durch Energiewende

dpa-AFX · Uhr

(neu: weitere Aussagen)

ESSEN (dpa-AFX) - Der Energieversorger Eon dürfte nach Einschätzung seines Finanzvorstands Marc Spieker angesichts der erforderlichen Investitionen von der Energiewende profitieren. "Wir schauen auf mindestens ein Wachstumsjahrzehnt", sagte der Manager der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX und der Deutschen Presse-Agentur in Essen. In diesem Zeitraum müsse der Ausbau der Energieinfrastruktur massiv beschleunigt werden. Spieker berichtete im Gespräch von ermutigenden Signalen internationaler Investoren, sieht für eine attraktive Verzinsung aber die Regulatoren in der Pflicht. Die Energiepreise im Großhandel dürften derweil höher bleiben als vor der Energiekrise.

"Ich halte das für nahezu ausgeschlossen, dass wir in naher Zukunft zurückkommen auf die Preise, die wir 2017/18/19 vor Pandemie und Ukraine-Krieg hatten", sagte er mit Bezug auf die Großhandelspreise. "Sichere, nachhaltige Energie hat ihren Preis, und das wird erstmal so bleiben."

Im vergangenen Jahr waren die Großhandelspreise für Strom und Gas unter anderem infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine extrem gestiegen. In der Folge hatten auch die Energieversorger die Preise stark angehoben. Mittlerweile sind die Großhandelspreise wieder deutlich gesunken und auch Eon hat Preissenkungen für Haushaltskunden angekündigt. Der Konzern hat in Deutschland insgesamt rund zwölf Millionen Strom- und zwei Millionen Gaskunden.

Eon befinde sich in einer besonderen Rolle, sagte Spieker. Das Energienetz des Konzerns habe eine zentrale Bedeutung, um die Energiewende in Deutschland zu schaffen. Hohe Investitionen seien nötig. "Es gibt jetzt nur eine Antwort: Investieren, investieren, investieren."

Der Konzern hatte im März angekündigt, bis 2027 rund 33 Milliarden Euro in die Hand nehmen zu wollen. "Dazu stehen wir ungebrochen", sagte Spieker. Der 48-Jährige ist seit 2017 Mitglied des Eon-Vorstands. Zuvor hatte er die finanziellen Details der Abspaltung des mittlerweile größtenteils verstaatlichten Energiekonzerns Uniper und dessen Gang an die Börse verantwortet.

Mit 70 bis 80 Prozent geht laut dem Manager der Großteil der Investitionen in den Netzausbau. Unter anderem stellt der Essener Dax -Konzern neue Leute ein: "Im ersten Halbjahr haben wir es geschafft, 2 000 zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen. Davon allein 1 000 im deutschen Netzgeschäft", sagte Spieker. Ende 2022 waren im Konzern fast 72 000 Menschen beschäftigt, davon knapp 37 000 in Deutschland.

Eon betreibt in Deutschland nach eigenen Angaben mehr als 800 000 Kilometer Strom- und Gasnetze und damit einen Großteil der deutschen Verteilernetze. Diese müssen modernisiert werden, damit beispielsweise Elektroautobesitzer ihre Fahrzeuge auch Zuhause laden können. Außerdem erfordert insbesondere die Stromerzeugung mit Sonne und Wind, dass das Energiesystem digital vernetzt wird.

Ob Eon seine Gesamtinvestitionen noch erhöht, ließ Spieker offen. Dabei gehe es schließlich nicht nur um das Wollen, sondern auch um das Können, sagte er. Trotz der "sehr positiven" Reaktionen von Investoren seien auch die Bedingungen für neue Investitionen entscheidend, sagte Spieker. Er führte die Notwendigkeit beschleunigter Genehmigungsverfahren an, sowie wirtschaftliche Anreize. Durch die Leitzinserhöhungen in den vergangenen Monaten sei die einzufahrende Rendite entscheidender geworden.

Spieker verwies dabei auch auf die von der Bundesnetzagentur im Juni vorgeschlagene Erhöhung der Eigenkapitalverzinsung für Neuinvestitionen von aktuell rund fünf auf rund sieben Prozent. Bis Ende August noch können sich etwa Netzbetreiber und Verbände dazu äußern. Die endgültige Festlegung soll am Jahresende erfolgen.

Mit der Erhöhung will die Regulierungsbehörde die Anreize für Neuinvestitionen erhöhen. Netzbetreiber wie Eon könnten auf Antrag neue Investitionen dann schneller zurückverdienen. Über die Netzentgelte zahlen die Netznutzer, also Haushalte, Gewerbe und Industrie, auch die Renditen der Betreiber.

Spieker wertete den Vorschlag der Bundesnetzagentur als einen Schritt in die richtige Richtung. "Aber selbst die sieben Prozent für Neuanlagen reichen noch nicht", sagte er. Stattdessen sei es entscheidend, wie die Netzagentur die Renditen für Investitionen auf Bestandsanlagen bewerte, da eine Mischkalkulation nötig sei. "Fünf Prozent sind ja allein schon die Dividendenerwartung von Eons Investoren", sagte er. "Eon ist ja kein Staatsanleiher. Wir tragen auch unternehmerisches Risiko. Das geht nicht auf."/lew/tob/men/jha/

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