Österreichs Banken streichen Mahngebühren bei variablen Krediten
Wien (Reuters) - Österreichs Banken wollen Wohnbau-Kreditnehmern unter die Arme greifen, die aufgrund der steigenden Zinsen in Not geraten.
So sollen bei variabel verzinsten Darlehen in den kommenden zwölf Monaten keine Mahngebühren und Verzugszinsen verrechnet werden, kündigte am Mittwoch Willi Cernko an, Vorstandschef von Österreichs größtem Geldhaus Erste Group sowie Obmann der Bundessparte Banken in der Wirtschaftskammer. Dies sei ein wesentlicher Beitrag, der Druck herausnehme - für jene Häuslebauer, die Gefahr laufen, in Schwierigkeiten zu geraten.
"Wir sind uns bewusst, dass das Thema Wohnen von zentralster Bedeutung ist", sagte der Banker nach einem Arbeitsgespräch mit Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Es seien derzeit aber nur Einzelfälle, die mit ihren Rückzahlungsraten in Verzug geraten. Dass eine Vielzahl der österreichischen Haushalte unter der Zinslast zusammenbreche, sehe man nicht, sagte Cernko. Der Anteil der notleidenden Kredite lag zuletzt bei unter zwei Prozent. "Wohnraumfinanzierung ist kein Risikothema." Die Institute würden das Thema dennoch ernst nehmen, da ihnen bewusst sei, dass auch die hohen Energie- und Lebensmittelpreise die Haushalte belasteten. Jeder Einzelfall solle individuell durch Stundungen oder Laufzeitverlängerungen gelöst werden. "Wir Banken haben kein Interesse an der Verwertung von privaten Liegenschaften", sagte der Erste-Group-Chef.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im Kampf gegen die hohe Inflation seit Juli des Vorjahres neunmal die Leitzinsen erhöht auf nunmehr 4,25 Prozent. Das hat Auswirkungen auf die Kreditnehmer von variabel verzinsten Darlehen, da dadurch die monatliche Kreditrate und damit die finanzielle Belastung für viele Haushalte gestiegen ist. In Österreich hat etwa jeder zweite Kreditnehmer einen variabel verzinsten Wohnbaukredit. Das ist deutlich mehr als in anderen EU-Ländern. Davon profitieren die heimischen Banken, deren Zinseinnahmen aus dem Kreditgeschäft stark gestiegen sind.
In Österreich konkurriert die Erste Bank mit der Raiffeisen-Gruppe, der Bawag sowie der Bank Austria, einer Tochter der italienischen UniCredit. Um für mehr Transparenz zu sorgen, sollen die heimischen Banken künftig zudem ihre Anlage- und Sparkonditionen bei der Österreichischen Nationalbank (OeNB) an eine öffentliche einsehbare Plattform melden.
FINANZMINISTER - ÜBERGEWINNSTEUER IST KEINE GUTE IDEE
Die hohen Gewinne der Banken sowie die hohen Kreditzinsen bei niedrigen Sparzinsen haben auch in Österreich eine Diskussion über eine mögliche Übergewinnsteuer entfacht. Während Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) kürzlich sagte, dass eine solche Steuer "nicht aus der Welt" sei, erteilte Finanzminister Brunner dieser nun erneut eine Absage. "Wir haben das bei unserem italienischen Nachbarn gesehen, dass das nicht unbedingt eine gute Idee ist", sagte der konservative Politiker. Auch ein Zinsdeckel sei wegen kartellrechtlicher Regelungen nicht möglich und würde nur zu Verwerfungen an den Kapitalmärkten führen. Italiens Regierung hatte kürzlich eine Steuer auf Übergewinne der Banken angekündigt, was zu Turbulenzen an der Mailänder Börse führte. Anschließend musste die Regierung mit ihren Plänen zurückrudern.
(Bericht von Alexandra Schwarz-Goerlich, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)