Die US-Zölle bleiben eine große Gefahr für die Börse
Den großen Zollschock vom April haben die Aktienmärkte abgehakt. Dennoch bleiben Gefahren, da die US-Regierung immer neue Zölle ankündigt – obwohl sie bisher nicht die gewünschte Wirkung haben.
Heiko Böhmer

Rekordkurse an der Wall Street: Das Interesse der Investoren an US-Aktien ist zurück und das trotz der vielen Turbulenzen. Zuletzt richtete sich das Interesse der Investoren besonders auf zwei Themen mit hoher Relevanz für die künftige Kapitalmarktentwicklung: die Zinspolitik der US-Notenbank Fed und das rapide wachsende Handelsbilanzdefizit der USA.
Fed kündigt erste Zinssenkung an – weitere denkbar
Ein zentrales Ereignis war die Rede von Fed-Chef Jerome Powell in Jackson Hole, in der er die Märkte mit klaren Worten auf eine Zinssenkung im September vorbereitete. Bereits vor der Rede preisten Futures mit über 70 Prozent-Wahrscheinlichkeit diesen Schritt ein. Doch der Tenor von Powells Äußerungen legte nahe, dass weitere Lockerungen folgen könnten.
Seine Formulierung, dass sich bei einer „restriktiven Geldpolitik“ eine Anpassung der Zinspolitik aufgrund der veränderten Risikobilanz aufdränge, signalisiert einen Strategiewechsel – weg vom restriktiven Kurs der letzten Quartale, hin zu einer vorsichtig expansiveren Linie.
Für Privatinvestoren bedeutet das: Niedrigere Zinsen wirken in der Regel unterstützend für Aktienmärkte, besonders bei Wachstumswerten. Auch Anleihen könnten davon profitieren, sollte der Renditedruck auf längere Laufzeiten nachlassen. Allerdings bleibt abzuwarten, ob inflationsbedingte Risiken – etwa durch neue Zölle – nicht doch zu einer Verzögerung der Zinsschritte führen.
Handelsbilanzdefizit steigt um 38 Prozent
Parallel zur geldpolitischen Entwicklung sorgt das stark gestiegene Handelsbilanzdefizit der USA für Schlagzeilen. In den ersten sechs Monaten des Jahres wuchs das Defizit im Vergleich zum Vorjahr um satte 38 Prozent – von 421 auf 583 Milliarden US-Dollar. Die US-Regierung führt diesen Anstieg auf vorgezogene Importe zurück, mit denen Unternehmen drohenden Zöllen zuvorkommen wollten.
Dennoch stellt sich die Frage nach der Wirksamkeit der von Präsident Trump geplanten Zölle. Neue, „signifikante“ Zölle auf Möbelimporte sind bereits angekündigt. Ob diese jedoch das Handelsdefizit senken können, ist fraglich – zumal viele Experten argumentieren, dass ein hohes Handelsdefizit per se kein wirtschaftliches Problem darstellt. Vielmehr könnten politische Eingriffe Preisdruck erzeugen und damit die Bemühungen der Fed zur Inflationskontrolle zusätzlich erschweren.“
Fazit für Anleger
Für Privatinvestoren ergibt sich aus dieser Gemengelage ein interessantes Spannungsfeld: Einerseits deutet sich eine Phase niedrigerer Zinsen an, die risikofreudige Anlagen begünstigt. Andererseits birgt die wirtschaftspolitische Ausrichtung der US-Regierung – insbesondere mit Blick auf neue Zölle – Risiken für die Preisstabilität und die globalen Handelsströme. Ein ausgewogenes Portfolio mit klarem Fokus auf makroökonomische Trends dürfte in diesem Umfeld wichtiger denn je sein.
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