Niederlage für Schnieder: Kandidat für Bahnposten sagt ab

Deutsche Bahn
Berlin (dpa) - Es ist eine Niederlage für Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder: Sein Wunschkandidat für den Chefposten bei der Bahn-Infrastruktursparte DB InfraGo, Dirk Rompf, hat nach heftiger Kritik insbesondere der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG seinen Verzicht erklärt. Nach einem Gespräch mit Rompf am Vormittag bedauerte Schnieder den Schritt. Wenige Stunden später erklärte das Ministerium: Der aktuelle Amtsinhaber Philipp Nagl bleibt weiterhin Vorstandsvorsitzender der InfraGO. Die Sparte ist zuständig für die Sanierung des teils maroden Schienennetzes.
Die Personalie Rompf hatte in den vergangenen Tagen für Irritationen in der gesamten Bahnbranche gesorgt - viele konnten dem Vorgehen des Ministers nicht viel abgewinnen. Mit der Ankündigung, dass Nagl bleibt, sorgte Schnieder nach turbulenten Tagen bei der Bahn nun schnell für Klarheit.
Rompf gibt Rückzug bekannt
Er habe heute dem Minister sowie der neuen Bahnchefin Evelyn Palla mitgeteilt, dass er für die Position des Vorstandsvorsitzenden der InfraGo nicht mehr zur Verfügung stehe, heißt es in einer persönlichen Erklärung Rompfs, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Rompf erklärte weiter, weder aus seiner bisherigen Zeit bei der DB AG noch in seiner aktuellen Position habe er sich etwas vorzuwerfen. Palla und der Deutschen Bahn wünschte er alles Gute.
Nagl bleibt
Am Nachmittag kam dann die Mitteilung, dass Schnieder und Palla sich darauf verständigt haben, dass Nagl weiterhin Vorstandsvorsitzender der InfraGO bleibt. Schnieder erklärte: «Ich freue mich darauf, zusammen mit Evelyn Palla und Philipp Nagl die "Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene“ umsetzen zu können.»
Der Österreicher Nagl gilt als Bahn-Fachmann, der sich selbst mit den kleinsten Details der Infrastruktur auskennt. Dirk Flege von der Allianz Pro Schiene nannte Nagl einen in der Bahnbranche «allseits geschätzten» Manager.
EVG: Weg nach vorn kann nicht durch Vergangenheit führen
Schnieder hatte am Montag Palla als neue Bahnchefin und Rompf als neuen Chef der InfraGo vorgeschlagen. Noch während der Vorstellung der Personalien in Berlin hatte die EVG Widerstand gegen Rompf angekündigt. Der Weg nach vorne könne nicht durch die Vergangenheit führen, betonte EVG-Chef Martin Burkert mehrfach. Auch bei der SPD wurde dem Vernehmen nach Kritik daran laut, dass Schnieder die Personalie Rompf vorher nicht innerhalb der Bundesregierung abgestimmt hatte.
Rompf war bereits von 2014 bis 2019 Mitglied im Vorstand der Bahn-Infrastruktursparte, die damals noch DB Netz hieß. Damals war er unter anderem für die Netzplanung sowie Großprojekte zuständig. In seinem Verantwortungsbereich lagen auch Projekte wie Stuttgart 21 und die zweite Münchner Stammstrecke. Beide Projekte sind bis heute nicht fertig und werden um mehrere Milliarden Euro teurer als ursprünglich geplant.
Die EVG macht ihn mitverantwortlich für den heutigen miserablen Zustand weiter Teile des Schienennetzes. «Er hat das Spardiktat massiv durchgezogen und ist mitverantwortlich, dass die Infrastruktur in so einem Zustand ist», sagte Burkert vor einigen Tagen.
Gewerkschaft stimmte aus Protest gegen Palla
Als Palla am Dienstag vom Aufsichtsrat der Deutschen Bahn zur neuen Konzernchefin berufen wurde, stimmte die Gewerkschaft aus Protest gegen sie. Die EVG betonte, dass ihre Stimmen gegen Palla vor allem als Stimmen gegen Rompf verstanden werden sollten. An der neuen Chefin selbst hätten sie nichts auszusetzen.
Entsprechend erfreut äußerte sich der EVG-Chef nun über den Verzicht Rompfs. Dieser habe damit die richtige Konsequenz aus der Debatte der vergangenen Tage gezogen, teilte Burkert mit. «Mit einer Personalaufstellung, die den Neustart auch bei der Infrastruktur glaubhaft verkörpert, können wir jetzt dazu übergehen, mit Schnieder an den Punkten zu arbeiten, die gut sind und über die Punkte zu reden, an denen aus unserer Sicht nachgebessert werden muss.»
Schnieder spricht mit Rompf
Bundesverkehrsminister Schnieder (CDU) erklärte, Rompf habe ihm am Vormittag in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt, dass er für den Vorstandsvorsitz der InfraGO nicht mehr zur Verfügung stehe. «Ich bedauere seinen Schritt und danke ihm dafür, dass er sich bereit erklärt hatte, die herausfordernde Aufgabe bei der InfraGo zu übernehmen. Ich respektiere selbstverständlich seine Entscheidung.» Schnieder hatte mitgeteilt, er werde «zeitnah bekanntgeben, wie wir mit der neuen Situation umgehen».
Gemeinsam mit den beiden Personalien hatte Schnieder am Montag unter dem Titel «Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene» auch Eckpunkte einer Bahn-Strategie vorgelegt mit dem Ziel, die Zuverlässigkeit, Sauberkeit und Sicherheit des Zugverkehrs zu verbessern. Der Konzern soll sich nach Schnieders Vorstellung wieder auf sein Kerngeschäft konzentrieren, also das Fahren von Zügen mit einem klaren Fokus auf Pünktlichkeit und Wirtschaftlichkeit. Die Infrastruktursparte soll eigenständiger werden.