Schnieders Wunschkandidat für Bahn-Infrastruktursparte zieht zurück

Berlin (Reuters) -Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) ist mit seinem Personalpaket für die Deutsche Bahn gescheitert. Nach heftigem Widerstand der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), aber auch des Koalitionspartners SPD zog Dirk Rompf am Donnerstag zurück. Ihn wollte Schnieder zum Chef der gemeinnützigen Infrastrukturtochter DB InfraGO machen, wo er das marode Schienennetz sanieren sollte. Rompf wurde erst am Montag der Hauptstadtpresse vorgestellt - zusammen mit Evelyn Palla, die mittlerweile vom Aufsichtsrat der Bahn zur neuen Konzernchefin bestellt wurde. Für Rompf gab es aber absehbar keine Mehrheit im Aufsichtsrat der DB InfraGO. Im Amt bleibt nun der bisherige Spartenchef Philipp Nagl. Er sollte eigentlich auf einen anderen Posten im Konzern verschoben werden.
Schnieder teilte mit, Rompf habe ihm am Donnerstagvormittag in einem persönlichen Gespräch erklärt, nicht mehr zur Verfügung zu stehen. "Ich bedauere seinen Schritt und danke ihm dafür, dass er sich bereiterklärt hatte, die herausfordernde Aufgabe bei der InfraGO zu übernehmen. Ich respektiere selbstverständlich seine Entscheidung." Später teilte das Verkehrsministerium mit, Schnieder und Palla hätten sich darauf verständigt, dass Nagl im Amt bleibe.
Aus der SPD verlautete, Schnieder sei mehrfach gebeten worden, sich innerhalb der Regierung abzustimmen, was aber im Falle von Rompf nicht geschehen sei. Der Verkehrsminister habe um die Bedenken gewusst und sei ein Risiko eingegangen. Die eng mit der SPD verbandelte Gewerkschaft EVG wirft Rompf vor, in seiner früheren Tätigkeit bei der Bahn das Netz kaputtgespart zu haben. Er wurde deswegen als Fehlbesetzung kritisiert. EVG-Chef Martin Burkert sagte am Donnerstag, Rompf habe die richtige Konsequenz gezogen. "Die Bahn braucht einen Neuanfang und der Weg dahin führt nicht durch die Vergangenheit."
GRÜNE SEHEN SCHNIEDER BESCHÄDIGT
Die Grünen sehen Schnieder durch das Personalchaos beschädigt. "Es ist nicht nur ein Kandidat gescheitert. Gescheitert ist auch ein Minister, der ein erschreckendes Ausmaß an Kommunikationsunfähigkeit an den Tag gelegt hat", sagte der Bahn-Experte der Grünen im Bundestag, Matthias Gastel. Der Aufsichtsrat habe bei der Bahn über Personalien zu entscheiden und nicht der Minister. "Der Unwille, andere in Entscheidungsprozesse einzubinden, lässt eine schwache Durchsetzungsfähigkeit des Ministers auch bei anderen Projekten erahnen. In der Deutschen Bahn wurde völlig unnötig Verunsicherung und Unruhe ausgelöst."
Hinter dem Personalstreit steht auch ein Ringen um die Struktur des Staatskonzerns. Schnieder macht sich für eine stärkere Trennung des Betriebs vom Schienennetz stark. Deswegen wollte er für beide Top-Posten einen Personalvorschlag machen. Die EVG kämpft aber gegen die Trennung. Aus ihrer Sicht wurde Palla als neue Vorstandschefin übergangen. Sie müsste eigentlich über den Chef der Tochter entscheiden.
Nagl gilt als beliebt in der SPD und EVG. Er ist seit 2008 bei der Deutschen Bahn, hat aber auch Erfahrungen bei den Österreichischen Bundesbahnen gesammelt. Nach einer Station als Produktionsvorstand im DB-Fernverkehr wurde er 2022 Chef der damaligen DB Netz AG, die heute InfraGO heißt.
Schnieder hatte am Montag auch seine Strategie zum Umbau der Bahn vorgestellt. Das Papier wurde allerdings nicht mit der SPD abgestimmt, so dass es unklar ist, ob seine Pläne am Ende auch umgesetzt werden. Schnieder will die Vorstände von Bahn und InfraGO verkleinern. Die Gewinne der InfraGO sollen ausschließlich der dringend sanierungsbedürftigen Infrastruktur zugutekommen und keine anderen Bereiche im DB-Konzern quersubventionieren. Schnieder hatte zudem neue Ziele für die Pünktlichkeit im Fernverkehr genannt, die weniger ambitioniert sind als bisher. Bis 2029 sollen auf der Fernstrecke mindestens 70 Prozent der Züge pünktlich ans Ziel kommen.
(Bericht von Christian Krämer. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)